Schon jetzt wirkt sich der Klimawandel auf die Lebensmittelsicherheit aus, warnt der Weltklimarat. Mit ein Grund: die große Nachfrage nach Fleisch. Das ließe sich ändern.
Wir werden immer mehr, so brauchen wir auch immer mehr Flächen, um unsere Nahrungsmittel zu produzieren. Besonders für die Herstellung von Fleisch, denn viel Agrarland wird für Tierfutter benötigt. Und das ist ein Problem: Denn große Teile kommen aus Ländern, in denen dafür Regenwald abgeholzt wird und damit ein wichtiger CO2-Speicher verlorengeht. Außerdem werden durch Tierhaltung große Mengen Methan ausgestoßen - das Gas ist 25-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.
Das muss sich ändern, sonst könnten in Zukunft nicht mehr Milliarden Menschen ernährt - und gleichzeitig die Erde und ihr Klima geschützt werden, heißt es im Report des Weltklimarats (IPCC). Der Sonderbericht zu Klimawandel und Landnutzung zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft, wenn nichts geschieht.
Aufklärung fördert die Bereitschaft zu Veränderung
Doch es gibt Anlass zur Hoffnung. So ergeben Studien des agrarwissenschaftlichen Instituts der Universität Göttingen, dass 70 Prozent der Deutschen zwar mindestens vier Mal in der Woche Fleisch essen, zugleich aber die Bereitschaft steigt, zumindest teilweise darauf zu verzichten. Antje Risius forscht zu nachhaltigen Ernährungsstilen und beobachtet, dass immer mehr Menschen zu einer nachhaltigeren Lebensweise bereit sind. In einer aktuell laufenden Studie fällt ihr eines bereits auf: Aufklärungsarbeit fördert die Veränderungsbereitschaft.
"Wir sind natürlich durch persönliche Vorlieben, Herkunft oder unser Umfeld beeinflusst, aber auch durch das Angebot und die Preispolitik der Märkte", sagt Antje Risius. So sei es wichtig, die unterschiedlichen Aspekte und Bedürfnisse von Umwelt, Tierwohl, Erzeugern, Handel und Verbrauchern zusammenzubringen.
Auch Moritz Wagner - er forscht zu nachwachsenden Rohstoffen und Bioenergiepflanzen an der Universität Hohenheim - sieht sowohl Verbraucher als auch den Handel in der Pflicht. Vor allem Discounter, die den Erzeugern zu niedrige Preise zahlen. Hier müsste die Politik regulierend eingreifen - vor allem, was die Aufklärung der Verbraucher anbelangt, fordert Wagner.
Es geht nicht um gar kein, sondern um weniger Fleisch
Wagner plädiert nicht für eine komplett fleischlose Ernährung. Viele Graslandflächen eigneten sich gar nicht für Ackerbau, könnten aber für die Haltung von Freilandrindern optimal genutzt werden.
Es komme auf die Menge an Fleisch an und die Qualität. Bei sehr günstigem Fleisch sei logischerweise nicht zu erwarten, dass Klimaschutz- und auch Tierwohl-Aspekte beachtet wurden. "Das muss jedem klar sein, dass man unter einem bestimmten Preisniveau, kein gutes nachhaltiges Fleisch bekommt", so Wagner.
Wagner sieht in der Verringerung des Fleischkonsums eine Chance, einen Teil zur Lösung des Klimaproblems beizutragen: "Wenn man mehr freie Flächen hätte, dadurch dass weniger Fleisch konsumiert wird, könnte man diese wieder aufforsten und somit einen positiven Beitrag für das Klima leisten."
Wie weiter?
Der Bericht des Weltklimarats macht deutlich, dass die gesamte Kette von der Erzeugung der Nahrungsmittel bis zum Verbrauch überdacht werden sollte. Die Autoren werben für eine ausgewogene Ernährung, die mehr auf Gemüse, Getreide und Tierprodukte aus nachhaltiger Erzeugung setzt.
Der Bericht zeichne zwar ein düsteres Bild, zeige aber auch einen Weg nach vorn, einschließlich Möglichkeiten für sofortiges Handeln, sagt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. "Was wir in den nächsten zehn Jahren erreichen - und hier sind die Regierungen gefragt - wird darüber entscheiden, ob wir es schaffen, aus dieser Notlage herauszukommen."
Ernährungsmodell für mehr Klimaschutz
Rockström war es auch, der als einer der Hauptautoren im Januar ein Ernährungsmodell für mehr Klimaschutz veröffentlichte: den Lancet-Report. Ein Vorschlag war, den Konsum von rotem Fleisch zu halbieren. Demnach sollten nur noch maximal 14 Gramm pro Tag verzehrt werden – ein Hamburger hat rund 150 Gramm. So wären Burger oder Steak nur alle zwei Wochen drin. Zugleich forderten die Forscher eine mehr als hundertprozentige Erhöhung beim Verzehr von Gemüse, Obst und Nüssen.
Der Report schlug zudem Strategien für Politik, Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie vor: Unter anderem forderten die Wissenschaftler, die Erschließung von Land als Agrarfläche strenger zu regeln. Denn Fakt ist, Land und somit der Platz für Nahrungsmittelanbau ist endlich.
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