Die Kapitänin Rackete ist frei und befindet sich laut Sea-Watch nun an einem "sicheren Ort". Für viele ist die Freilassung ein wichtiges Signal. Salvini reagierte dagegen empört.
Nach ihrer Freilassung ist die Kapitänin Carola Rackete nach Angaben von Sea-Watch an "einem sicheren Ort". Ob sie weiter in der sizilianischen Stadt Agrigent oder in anderen Orten in Italien oder bereits im Ausland ist, wollte Sea-Watch nicht kommentieren. "Wir kommentieren grundsätzlich nicht, wo sich Carola befindet, weil es auch Drohungen gab und wir einfach nicht wollen, dass ihr Aufenthaltsort in irgendeiner Form öffentlich wird", sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer gegenüber dem ZDF.
Rackete: "Großer Sieg für die Solidarität"
Carola Rackete hatte zuvor mit Erleichterung auf ihre Freilassung reagiert. "Mich hat die Solidarität, die mir so viele Menschen ausgedrückt haben, berührt", sagte die 31-Jährige einer Sea-Watch-Sprecherin zufolge. Die Entscheidung der italienischen Richterin vom Dienstagabend sei ein "großer Sieg für die Solidarität" mit allen Menschen auf der Flucht und gegen die Kriminalisierung von Helferinnen und Helfern in vielen Ländern Europas, erklärte die Kapitänin auf Twitter.
Rackete war am Samstag festgenommen worden, nachdem sie das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" mit 40 Migranten an Bord unerlaubt nach Italien gefahren hatte. Am Dienstag hatte ein Ermittlungsrichter den Hausarrest für Rackete aufgehoben. Aus dessen Erklärung gehe hervor, "dass das Recht auf der Seite der Kommandantin war", erklärten Racketes Anwälte. Durch Bezugnahme auf internationale Normen habe der Richter gezeigt, dass die von Innenminister Matteo Salvini angeordnete Schließung der Häfen und das Anlegeverbot illegitim gewesen seien - Entscheidungen, die nach Ansicht der Anwälte aus "propagandistischen Gründen" getroffen wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt aber weiterhin wegen Beihilfe zur illegalen Migration gegen Rackete.
Erleichterung über Freilassung
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüßte Racketes Freilassung und zeigte sich erleichtert. "Ich hoffe, dass die Vorwürfe nun rasch geklärt werden", schreib Maas bei Twitter. Der Fall mache erneut deutlich, dass es endlich eine Lösung für die Verteilung von Geflüchteten brauche, bei der alle EU-Staaten ihren Beitrag leisten, so Maas. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bedford-Strohm, bezeichnete die Freilassung als "Punktsieg für Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit". Zivile Seenotretter dürften nicht kriminalisiert werden. "Menschen vor dem Ertrinken zu retten, hat immer Vorrang", erklärte Bedford-Strohm.
Auch die Organisationen Amnesty und "Ärzte ohne Grenzen" reagierten erleichtert auf die Entscheidung des italienischen Gerichts. Katja Carson, stellvertretende Geschäftsführerin von "Ärzte ohne Grenzen" in Deutschland beklagte "eine gezielte Kriminalisierungskampagne gegen Seenotretter auf dem Rücken von Menschen in Lebensgefahr". Die Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, private Seenotrettung sollte überflüssig sein, Seenotrettung sei eine staatliche Aufgabe. Roth warf der Bundesregierung vor, sich hinter der Suche nach einer gesamteuropäischen Lösung zu verstecken, statt eine "Koalition der Willigen" zu schmieden und über eine eigene Seenotrettungsmission und einen Verteilmechanismus zu beraten.
Salvini empört: "Kriminelle Kommandantin"
Der italienische Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf die Entscheidung des Untersuchungsgerichts. "Für die italienische Justiz ist es offenbar kein Grund ins Gefängnis zu gehen, wenn man die Gesetze ignoriert und ein Boot der Finanzpolizei rammt", erklärte er in einem Facebook-Video. Er schäme sich für diejenigen, die zuließen, dass der erstbeste Ausländer in Italien gegen Gesetze verstoße und das Leben von Soldaten gefährde, die ihre Arbeit täten. Der Innenminister erklärte, die richterliche Entscheidung sei eine Aufforderung, bei Sicherheitskontrollen nicht anzuhalten und Polizeiwagen zu rammen. Die "kriminelle Kommandantin" werde ausgewiesen, da sie eine Bedrohung der nationalen Sicherheit sei, sagte Salvini.