Beim italienischen Präsidenten Mattarella treten nacheinander die großen Parteien zu Beratungsgesprächen an. Die Sozialdemokraten zeigen sich bereits offen für eine neue Mehrheit.
Quelle: ap
In der Regierungskrise in Italien gehen die Beratungen bei Staatspräsident Sergio Mattarella am Donnerstag weiter. Ab 10 Uhr trifft das Staatsoberhaupt die Vertreter der größeren Parteien im Parlament, darunter der Sozialdemokraten, der rechten Lega und zuletzt der Fünf-Sterne-Bewegung. Das Treffen soll ab 17 Uhr stattfinden. Danach beendet Mattarella die Konsultationen und muss über das weitere Vorgehen entscheiden.
Mit dem Einreichen seines Rücktritts hatte Ministerpräsident Giuseppe Conte das Scheitern der Allianz aus rechtspopulistischer Lega und Fünf-Sterne-Bewegung nach monatelangen Querelen zwischen den Koalitionspartnern endgültig besiegelt.
Salvini will Neuwahlen
Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini dringt auf eine Neuwahl noch im Herbst. Laut Umfragen könnte er dann in einer Koalition mit Silvio Berlusconis Forza Italia und der rechtsnationalen Kleinpartei Fratelli d'Italia an die Macht kommen und selbst Regierungschef werden.
Entweder findet sich während der Beratungen beim Staatsoberhaupt eine alternative Regierung - oder der Präsident muss das Parlament auflösen und damit eine Neuwahl einleiten. Es wird erwartet, dass Mattarella in den kommenden Tagen eine Entscheidung fällt. Der genaue Zeitpunkt ist jedoch unklar.
Fünf Bedingungen für eine Koalition
Im Gespräch ist derzeit vor allem eine mögliche Allianz zwischen den Sternen und den Sozialdemokraten. Die beiden Parteien wollen - auch wegen eigener schlechter Umfragewerte - eine Neuwahl verhindern. Die Sozialdemokraten haben sich einem möglichen Pakt schon geöffnet. Die PD-Mitglieder seien "vereint" hinter dem Ziel, ein Bündnis mit den Populisten einzugehen, sagte der sozialdemokratische Parteichef Nicola Zingaretti. Seine Partei strebe ein gemeinsames Programm auf der Basis einer breiten parlamentarischen Mehrheit an.
Die Abgeordneten seiner Partei seien unter fünf Bedingungen zu einer Koalition bereit, sagte Zingaretti nach einem Parteitreffen. Er forderte unter anderem eine radikale Wende Italiens im Umgang mit Geflüchteten, eine pro-europäische Außenpolitik sowie einen innenpolitischen Schwerpunkt auf der Verbesserung des Lebensstandards. Nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten soll der scheidende Ministerpräsident Conte einer möglichen neuen Regierung jedoch nicht vorstehen. Die Fünf-Sterne-Bewegung erklärte dagegen, sie befürworte einen Verbleib Contes im Amt. Zunächst wolle die Partei aber das Ende der derzeitigen Beratungen Mattarellas abwarten.
Beratungen laufen seit Mittwoch
Lega-Chef Salvini hatte - mitgetragen von den Sternen - einen extrem harten Kurs gegen Migranten gefahren. Immer wieder wurden Rettungsschiffe tage- oder gar wochenlang auf dem Meer blockiert. Salvini nannte die Annäherung der beiden Parteien ein "sinnloses Techtelmechtel", das die Öffnung der Häfen Italiens zur Folge hätte.
Bereits am Mittwoch hatten die Gespräche über die Bildung einer neuen Regierung begonnen. Präsident Sergio Mattarella traf am Nachmittag zunächst mit Senatspräsidentin Elisabetta Casellati und dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Roberto Fico, zusammen. Über den Inhalt der Gespräche im Quirinalspalast in Rom drang zunächst nichts an die Öffentlichkeit.