Seine Filme haben Geschichte geschrieben und immer wieder für Polemik gesorgt. Nun ist der italienische Regisseur und Oscar-Preisträger Bernardo Bertolucci gestorben.
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Bernardo Bertoluccis monumentaler Film "Der letzte Kaiser" von 1987 wurde zum Welterfolg und mit neun Oscars ausgezeichnet. Auch die Goldene Palme des Filmfestivals in Cannes und der Goldene Löwe der Filmfestspiele in Venedig zählen zu Bertoluccis Trophäen.
Jahrelang war es still um Bertolucci. Nach zehnjähriger Regiepause kehrte der italienische Filmemacher erst 2013 mit dem Geschwisterdrama "Ich und du" auf die große Leinwand zurück - im Gepäck einige seiner Lieblingsthemen, wie Pubertät, Aufkommen von sexuellen Gefühlen, Drogen und Inzest. Im gleichen Jahr agierte er auch als Jurypräsident der Filmfestspiele in Venedig. Obwohl er nach einer misslungenen Bandscheiben-Operation seit Jahren im Rollstuhl sitzt, ist der Erschaffer von Meisterwerken wie "Der letzte Tango in Paris" und "Der letzte Kaiser" der Filmwelt nicht überdrüssig. Nun starb er mit 77 Jahren in Rom, wie sein Pressebüro dem ZDF bestätigte.
Der Blick auf das Verbotene, das Verborgene, Voyeurismus in seiner kühnsten Form, so könnte man die Filme Bertoluccis umschreiben. "Der Voyeur ist dazu verdammt, ständig den entsetzten Blick zu wiederholen, den das Kind auf seine Eltern bei der Liebe wirft", meinte er einmal über seine Arbeit. Und die zählt bereits heute zu den Klassikern der Moderne: Bertolucci gilt schon lange als einer der letzten ganz großen Meister des italienischen Nachkriegskinos.
"Der letzte Tango in Paris" traf Nerv der Zeit
Der erste große Wurf gelang ihm 1972 mit "Der letzte Tango in Paris". Ein amerikanischer Kritiker schwärmte damals, das Werk sei "der stärkste erotische Film, der je gedreht wurde". Heute mag das überholt sein, aber dennoch wurde der Streifen zum Kult - auch, nachdem er in Italien verboten und Bertolucci mit einer Bewährungsstrafe belegt wurde. Der 1940 in Parma geborene Regisseur hatte genau den Nerv der Zeit getroffen - und das libertäre Lebensgefühl der damaligen Generation lüstern auf Leinwand gebannt.
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Dem Regisseur brachte das Werk eine Oscar-Nominierung und zahlreiche Preise ein, und zudem das nötige Geld für eines seiner wohl ehrgeizigsten Projekte: Den Film "1900", ein fünfeinhalb Stunden langes Epos über die italienischen Bauern- und Klassenkämpfe Anfang des Jahrhunderts. Trotz einer Traumbesetzung mit Stars wie Burt Lancaster, Donald Sutherland, Robert de Niro und Gérard Depardieu wurde dieser äußerst politische Film des erklärten Kommunisten Bertolucci wohl auch wegen seiner Länge kein Blockbuster.
"Der letzte Kaiser" Bertoluccis größter Erfolg
Seinen größten Erfolg feierte Bertolucci 1987. Der Film "Der letzte Kaiser" ging mit neun Oscars und vier Golden Globes in die Kinogeschichte ein. In dem Epos geht es um das Leben des letzten chinesischen Imperators, der bereits als Dreijähriger an die Macht kam, von den Untertanen als Gott verehrt wurde und "wie ein Gefangener seiner eigenen Macht lebte". Das Besondere: Bertolucci durfte als erster westlicher Regisseur an Originalschauplätzen in Peking drehen.
Bertoluccis zweiter Versuch mit fernöstlicher Thematik endete hingegen eher als Flop. "Little Buddha" (1993), die Geschichte über die vermeintliche Reinkarnation des Religionsstifters, eröffnete zwar 1994 die Berlinale, aber die hohen Erwartungen enttäuschte er. Auch "Gefühl und Verführung" (Stealing Beauty) aus dem Jahr 1996 über die erste Liebeserfahrung einer jungen Amerikanerin auf einem Landsitz in der Toskana fiel trotz der bezaubernden Liv Tyler bei der Kritik durch. "Ein Altmänner-Film, ein schwelgerisches Stück Kino über die Nostalgie seines Urhebers", schrieb die "Süddeutsche Zeitung".
Mit Leben im Rollstuhl abgefunden
Lob bekam dafür "L'Assedio" (1998) über die zärtlich-platonische Liebe eines Pianisten zu einer schönen Afrikanerin. Fast der gesamte Streifen spielt in einem Palazzo an der Spanischen Treppe in Rom. "Kammermusikstück für das Kino", nannte das der Regisseur.
Mit seinem Leben im Rollstuhl hat sich Bertolucci, der einst bei Regisseur Pier Paolo Pasolini in die Lehre ging, derweil abgefunden. Am Anfang sei das aber sehr schwierig gewesen, sagte er 2012 in einem Interview. Er habe sich jahrelang "in einem Status der Dumpfheit" befunden. "Aber als ich es dann akzeptiert hatte, habe ich wieder angefangen zu leben und mir gesagt: 'Ich mache einen Film!'".