Es geht hoch her im Repräsentantenhaus: Auf der Agenda stehen die Beratungen über ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump. Und die ziehen sich hin.
Nach wochenlangen Zeugenbefragungen sind die US-Demokraten sind überzeugt: Präsident Trump habe seine Macht missbraucht.
Der Präsident als "anhaltende Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA" - mit drastischen Worten hat Oppositionsführerin Nancy Pelosi im Repräsentantenhaus die entscheidende Sitzung zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump begonnen. "Er hat uns keine andere Wahl gelassen", sagte Pelosi mit Blick auf die Vorwürfe gegen Trump in der Ukraine-Affäre.
Es sei "tragisch", dass das Verhalten des Präsidenten, der gegen die Verfassung verstoßen habe, ein Impeachment nötig mache, sagte Pelosi. "Wenn wir jetzt nicht handeln, geben wir unsere Pflicht auf", mahnte sie. Der Präsident habe sein Amt zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht und sei eine fortdauernde Bedrohung für die Demokratie und die nationale Sicherheit des Landes.
Die Anklageerhebung gegen den Präsidenten - das Impeachment - galt als so gut wie sicher, weil die oppositionellen Demokraten im Repräsentantenhaus über eine klare Mehrheit verfügen. Vor der Abstimmung über das Impeachment waren sechs Stunden Debatten im Plenum angesetzt - jeweils drei Stunden Redezeit für Trumps Republikaner und die oppositionellen Demokraten.
Bereits zu Beginn der Sitzung war aber absehbar, dass sich das Ganze hinziehen würde - nach deutscher Zeit bis in den Donnerstag. Die Republikaner verzögerten die Beratungen mit Anträgen und verfahrenstechnischen Schritten. Es war zu erwarten, dass weitere Volten der Republikaner die Sitzung deutlich verlängern würden.
Zwei Anklagepunkte
Es geht um zwei Anklagepunkte gegen den republikanischen Präsidenten: Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Kongresses. Nimmt eine einfache Mehrheit der Abgeordneten mindestens einen der beiden Punkte an, wird das Amtsenthebungsverfahren formell eröffnet. Dann ist der republikanisch dominierte Senat am Zug.
Konkret werfen die Demokraten Trump vor, zu seinem eigenen innenpolitischen Vorteil die Ukraine dazu gedrängt zu haben, Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter aufzunehmen. Joe Biden könnte Trumps Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 werden. Um sein Ziel zu erreichen, soll Trump unter anderem Militärhilfen an die Ukraine zurückgehalten haben. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen im Kongress zu blockieren.
Die Ukraine-Affäre hat die Demokraten in den USA zu ersten Schritten für eine Amtsenthebung Trumps veranlasst. Doch wie läuft ein Impeachment-Verfahren eigentlich ab?
Trump: Grausame Lügen
Der ranghöchste Republikaner im Justizausschuss, Doug Collins, warf den Demokraten vor, das Verfahren nur anzustreben, weil sie Trump nicht bei den Wahlen schlagen könnten. "Ihnen sind die Fakten gleichgültig", beklagte er. Andere Republikaner warfen den Demokraten Besessenheit vor und nannten das Vorgehen zutiefst unfair. Der Abgeordnete Barry Loudermilk klagte, seine Partei habe nicht den anonymen Imformanten befragen können, dessen Beschwerde über Trumps Vorgehen gegenüber der Ukraine den Stein ins Rollen gebracht hatte. "Pontius Pilatus gab Jesus mehr Rechte", als dieser "fälschlicherweise des Hochverrats beschuldigt" worden sei. Der Abgeordnete Mike Kelly erinnerte an den Angriff Japans auf Pearl Harbour von 1941. Der aktuelle Tag sei "ein weiteres Datum, das in Verufenheit leben" werde, sagte er.
Trump selbst meldete sich via Twitter zu Wort. Während der laufenden Debatte schrieb er, die Demokraten verbreiteten "grausame Lügen". Dies sei "ein Angriff auf Amerika". Aus dem Weißen Haus hieß es, Trump werde allenfalls Teile der Vorgänge im Repräsentantenhaus beobachten - er arbeite den ganzen Tag.
Vor der Sitzung im Kongress hatte Trump bereits in einem wütenden sechsseitigen Brief an Pelosi schwere Vorwürfe gegen die Frontfrau der Demokraten und ihre Partei erhoben. "Indem Sie mit Ihrem ungültigen Impeachment fortfahren, verletzen Sie Ihre Amtseide, brechen Sie Ihre Treue zur Verfassung und erklären Sie der amerikanischen Demokratie offen den Krieg", heißt es darin. Die Anschuldigungen seien "wertlos", "gegenstandslos", ja "grotesk". Das Vorgehen der Demokraten sei "nicht mehr als ein illegaler, parteiischer Umsturzversuch".
Warum das Verfahren nur geringe Erfolgschancen hat
Trotz der sicheren Mehrheit im Repräsentantenhaus droht Trump nach jetzigem Stand kein baldiger Auszug aus dem Weißen Haus: Das eigentliche Verfahren wird voraussichtlich im Januar im Senat stattfinden, der dann die Rolle eines Gerichts einnimmt - und dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Mindestens 20 von ihnen müssten sich auf die Seite der Demokraten schlagen, um die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Das ist nicht in Sicht.
Dennoch ist schon das bisherige Verfahren ein gigantischer Makel in Trumps Präsidentschaft: Trump ist erst der dritte Präsident in der US-Geschichte, der sich einem Votum über ein Impeachment im Abgeordnetenhaus stellen muss. Wie sehr das Trump mitnimmt, machte das Wutschreiben an Pelosi deutlich, das der Präsident "für die Geschichtsschreibung" verfasst haben will und das die Adressatin "wirklich krank" nannte.