Die Regierungsbildung in Israel ist enorm schwierig. Möglicherweise müssen die Wähler erneut an die Urnen. Das Parlament stimmte für seine Auflösung.
Israel steht vor der zweiten Parlamentswahl binnen eines Jahres. Das israelische Parlament stimmte für seine Auflösung. 65 von 120 Abgeordneten hätten sich dafür ausgesprochen, bestätigte eine Sprecherin der Knesset.
Hintergrund sind unerwartet große Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung nach der Wahl im April. Der Antrag für die Auflösung kam aus der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanjahu. Netanjahu hat jetzt noch bis Mittwochabend Zeit, eine neue Regierung zu bilden.
Patt-Situation zwischen Likud und Oppositionsbündnis
Israel hatte erst am 9. April ein neues Parlament gewählt. Der Likud erhielt damals 35 von 120 Sitzen im Parlament, genau so viele wie das Oppositionsbündnis der Mitte des Ex-Militärchefs Benny Gantz, Blau-Weiß.
Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit. Jedoch streiten die möglichen Koalitionspartner des Likuds vor allem über ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst verpflichten soll.
Wenn, dann Ende August, Anfnag September
Laut Ofer Kenig, Wissenschaftler vom Israelischen Demokratie-Institut (IDI), müsste nach Verstreichen der Frist für Netanjahu normalerweise ein anderer Kandidat mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Dies müsse nicht Gantz sein, es könne auch ein anderes Likud-Mitglied sein.
Allerdings erlaube das Gesetz dem Parlament auch, "den Prozess zur Regierungsbildung zu unterbrechen und vorgezogene Wahlen auszurufen", sagte Kenig. Dafür sei eine Mehrheit von 61 Stimmen im Parlament notwendig. Die Wahlen müssten rund drei Monate nach Auflösung der Knesset stattfinden - also Ende August, Anfang September, sagte Kenig.
Großdemo gegen Netanjahu
Am Samstag hatten Zehntausende Menschen in Tel Aviv gegen Netanjahu und einen befürchteten Umbau des Justizsystems demonstriert. Mit der Justizreform will sich der Regierungschef nach Medienberichten einer Strafverfolgung in drei Korruptionsfällen entziehen.