Der neue ukrianische Präsident Selenskyj hat Neuwahlen angekündigt. "Ich löse das Parlament auf", sagte Selenskyj bei seiner Amtseinführung. Juristisch ist der Schritt umstritten.
Das ukrainische Parlament aufzulösen, war der erste Schritt des neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj direkt nach der Vereidigung. Zugleich kündigte er Neuwahlen an, die in zwei Monaten stattfinden sollen.
Der Politik-Neuling, der im April überraschend deutlich gewählt worden war, verfügt derzeit im Parlament über keine eigene Mehrheit. Deshalb hatte er vor seiner Vereidigung bereits die Auflösung angedeutet. Ob Selenskyj befugt ist, diesen Prozess einzuleiten, ist juristisch allerdings umstritten.
Streitfall fürs Verfassungsgericht?
Grundsätzlich gebe die ukrianische Verfassung dem Präsidenten das Recht zur Parlamentsauflösung, berichtet ZDF-Korrespondent Bernhard Lichte. Das Parlament, das von den alten Seilschaften dominiert wird, hat allerdings zu Verfahrenstricks gegriffen. Drei Tage vor der Vereidigung kündigte eine der Koalitionsparteien bereits ihren Rückzug aus der Verantwortung an. Nach der geltenden Verfassung läuft seither eine Frist von 30 Tagen, innerhalb derer ein neues Bündnis gebildet werden kann. Eine Auflösung des Parlaments ist während dieser Zeit ausgeschlossen.
Unabhängig vom Ausgang einer neuen Mehrheitssuche schreibt ein weiterer Verfassungsartikel vor, dass sechs Monate vor dem regulären Wahltermin - das wäre der 27. Oktober - das Parlament nicht mehr aufgelöst werden darf. Die alten Mehrheiten hätten sich also über die Zeit gerettet und den neuen Präsidenten erst einmal ausgebremst. Möglicherweise muss das ukrainische Verfassungsgericht jetzt über den Streitfall entscheiden.
Selenskyj kritisiert Vorgänger
In seiner Rede nach der Vereidigung bezeichnete Selenskyj das Ende des Krieges im Osten des Landes als vorrangige Aufgabe seiner Amtszeit genannt. "Ich bin bereit zu allem", sagte er im ukrainischen Parlament in Kiew. Für den Frieden im Donbass sei er bereit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen und seine eigene Beliebtheit zu opfern, sagte er unter Beifall.
Zugleich kritisierte Selenskyj die Regierung unter seinem Vorgänger Petro Poroschenko. Sie habe nichts getan dafür, dass sich die Menschen im Donbass als Ukrainer fühlten. Einen Teil seiner Rede hielt er auf Russisch. Der frühere Schauspieler betonte, dass er alles dafür tun werde, die von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder zurückzuholen. Er sei nicht bereit, Gebiete der Ukraine herzugeben, sagte Selenskyj.