Eine Sechsjährige aus London entdeckt in einer Weihnachtskarte für wohltätige Zwcke den Hilferuf eines mutmaßlichen Zwangsarbeiters aus China. Die Kette Tesco reagiert schnell.
Die Sechsjährige aus London wollte eine Weihnachtskarte schreiben, die ihre Familie in einer Filiale der britischen Supermarktkette Tesco gekauft hatte, und entdeckte darin den schriftlichen Hilferuf eines mutmaßlichen Zwangsarbeiters aus China. Die Geschichte der "Sunday Times" hat hohe Wellen geschlagen und dazu geführt, dass der Lebensmittel-Konzern nun die Produktion der Weihnachtskarten in einer chinesischen Fabrik gestoppt hat.
"Wir sind ausländische Gefangene im chinesischen Gefängnis Qingpu in Shanghai" zitierte die "Sunday Times" aus der Botschaft, welche in einer Box mit mehreren Weihnachtskarten gelegen habe und die von Tesco eigentlich für wohltätige Zwecke vertrieben wurde. Und weiter: "Wir werden gegen unseren Willen zur Arbeit gezwungen. Bitte helfen Sie uns und verständigen Sie Hilfsorganisationen."
Verkauf wurde gestoppt - vorerst
Großbritanniens größte Supermarktkette reagierte noch am Wochenende auf die Berichterstattung. "Wir waren schockiert über diese Anschuldigungen", sagte eine Tesco-Sprecherin. Die Produktion in der betroffenen Fabrik in Shanghai werde "sofort gestoppt", versicherte sie, und die Karten würden aus dem Verkauf genommen - zumindest vorerst.
Einem Bericht von "Sky News" zufolge werden die Karten in einer Druckerei etwa 100 Kilometer entfernt von dem genannten Gefängnis produziert. Die chinesische Firma war für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.
Humphrey sollte tätig werden - und wurde es
Der Verfasser des Hilferufs bittet in seiner Botschaft darum, "Mr. Peter Humphrey" zu kontaktieren. Nach einer Recherche habe sich dieser als ein ehemaliger Journalist herausgestellt, der neun Monate im Gefängnis Qingpu verbracht hatte. Der Vater des Londoner Mädchens, das den Hilferuf entdeckt hatte, nahm demnach Kontakt mit Humphrey auf. Dieser schrieb die Geschichte schließlich für die Zeitung auf.
Humphrey, der dem Bericht zufolge früher einmal für die Nachrichtenagentur Reuters gearbeitet hatte, habe ehemalige Häftlinge kontaktiert. Diese hätten bestätigt, dass ausländische Häftlinge an der Produktion von Tesco-Weihnachtskarten beteiligt waren.
Humphrey und seine Frau waren 2013 von chinesischen Behörden festgenommen worden - im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre um das britische Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK). Beide arbeiteten damals für eine Firma, die multinationale Konzerne bei der Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in China unterstützte. Im darauffolgenden Jahr wurden sie verurteilt und des Landes verwiesen.
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Bisher keine Beweise für Gefängnisarbeit
Tesco will den aktuellen Fall nun untersuchen lassen. Falls sich der Verdacht über die Zwangsarbeit bestätigen sollte, werde das Unternehmen die Zusammenarbeit mit dem Zulieferer aufkündigen, kündigte die Sprecherin an. Der Supermarkt-Betreiber würde "niemals Gefangenenarbeit" in seinen Lieferketten akzeptieren, versicherte er.
Erst im November hätte eine unabhängige Untersuchung der Produktionsbedingungen stattgefunden, sagte die Unternehmenssprecherin. Damals "wurden keine Beweise gefunden, die darauf hindeuten, dass sie gegen unsere Regel, die den Einsatz von Gefängnisarbeit verbietet, verstoßen haben".