Beto O'Rourke machte es spannend. Erst nach langem, publikumswirksamem Zögern stieg er in das Präsidentschaftsrennen der US-Demokraten ein. Ist der Hype um ihn gerechtfertigt?
"Ich will dabei sein. Mann, ich bin geboren, um dabei zu sein." Mit dieser Eröffnungssalve auf dem Titelblatt der Zeitschrift "Vanity Fair" trat Beto O'Rourke in den Kampf um die Nominierung zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten ein. Der 46-jährige Texaner aus der Grenzstadt El Paso hatte sich 2018 vom relativ unbekannten Abgeordneten zum demokratischen Hoffnungsträger entwickelt mit seinem gewagten - aber letztendlich erfolglosen - Versuch, im konservativen Texas dem amtierenden republikanischen Senator Ted Cruz sein Mandat abzujagen.
Lockerer Stil, noch wenig Substanz
O'Rourke, der einfach als "Beto" kandidiert, ist ein moderner Politiker, der mehr als viele andere die Macht der sozialen Medien kennt und nutzt. Über Facebook und Instagram lässt er seine Fans permanent an seinem Leben und seiner Kampagne teilhaben.
Bei Wahlkampfauftritten nimmt er sich besonders viel Zeit für Fotos mit Fans, denn er weiß: Jedes Bild im Netz potenziert die Reichweite der Veranstaltung.
O’Rourke gibt sich betont zugänglich - sein volksnahes Auftreten, die hochgekrempelten Hemdsärmel, die lockere Art, unterstreichen das. Auch kann er direkt die für die Demokraten entscheidende Wählergruppe der Hispanics ansprechen, er wechselt problemlos vom Englischen ins Spanische.
Für Klimaschutz, gegen Grenzmauer
Der Stil hat Erfolg. In den ersten 24 Stunden seiner Kandidatur sammelte O'Rourke 6,1 Millionen Dollar an Spenden ein - ein Rekord. Frühe Umfragen siedeln ihn unter den aussichtsreichsten Kandidaten an.
Kritiker bemängeln allerdings fehlende Substanz. Tatsächlich hat O'Rourke noch wenig ausformulierte Positionen - er ist grundsätzlich für Klimaschutz und gegen eine Mauer an der Grenze zu Mexiko, will sich aber bei der Ausarbeitung seiner Politik von den Menschen leiten lassen, denen er unterwegs begegnet, so sagt er. Ob das ein Erfolgsrezept ist, bleibt abzuwarten, auch vor dem Hintergrund, dass sein momentan größter Rivale, Senator Bernie Sanders, gerade aufgrund seiner sehr klar definierten Standpunkte Anklang findet.
Insgesamt ist die innerparteiliche Konkurrenz groß. 16 Bewerber sind bereits im Rennen. Das Feld reicht von bekannten Größen wie der Senatorin Elizabeth Warren über prominente afroamerikanische Politiker wie Kamala Harris und Cory Booker bis hin zu Überraschungserfolgen wie dem jungen, schwulen Bürgermeister von South Bend (Indiana), Pete Buttigieg. Das Thema Diversität wird eine große Rolle spielen. Einst unumgängliche Voraussetzung, ist es in diesem Wahlkampf möglicherweise zum ersten Mal nicht automatisch von Vorteil, ein weißer Familienvater zu sein.
Weiter Weg bis zur Wahl
Mit einem Heimspiel läutet Beto heute formell den Beginn seiner Kandidatur ein - drei große Rallys in El Paso, Austin und Houston an einem Tag. Sie werden perfekt inszeniert sein und den Publikumsliebling vor enthusiastischen Fans zeigen. Doch bis zu den ersten Vorwahlen im Januar 2020 ist es noch ein langer Weg. Um sich bis dahin in der Führungsspitze des Kandidatenfeldes zu behaupten, muss O’Rourke bald beweisen, dass er sich vom Polit-Rockstar zum ernstzunehmenden Präsidentschaftsanwärter mausern kann.