Brasilien gerät wegen der Brände im Amazonas-Gebiet weiter unter Druck. Frankreich bringt eine Blockade des gerade geschlossenen Handelsabkommens mit Südamerika ins Gespräch.
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Emmanuel Macron kündigte eine Blockade des Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur an. Der französische Präsident sei zu dem Schluss gekommen, dass Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ihn über seine Umweltschutz-Absichten "belogen" habe, sagte ein hochrangiger Mitarbeiter Macrons. "Unter diesen Umständen lehnt Frankreich das Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form ab", hieß es.
Auch Irland drohte damit, das Abkommen platzen zu lassen, sollte Brasília "seine Verpflichtungen im Umweltschutz nicht einhalten".
ZDF-Korrespondentin: Europäer haben Hebel
"Die Europäer haben tatsächlich einen Hebel, mit dem sie Einfluss ausüben können auf den brasilianischen Präsidenten", sagt ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek. Denn das erst im Juni abgeschlossene Handelsabkommen mit den Staaten Südamerikas, auch mit Brasilien, sei noch nicht ratifiziert. Darin sei ausdrücklich festgehalten, dass sich alle Teilnehmer verpflichten, das Pariser Klima-Abkommen zu respektieren.
Finnland habe ins Gespräch gebracht, so Gellinek, den Import von Rindfleisch in die EU zu stoppen. "Offenbar gibt es hier weitreichende Überlegungen." Unklar sei jedoch, was US-Präsident Donald Trump über den Umgang mit Brasilien denke - denn er ist wie Bolsonaro ein Leugner des menschengemachten Klimawandels.
Waldbrände und Klimaschutz sollen auf G7-Agenda
Frankreich will den Klimawandel und die Waldbrände in Brasilien auf die Agenda des G7-Gipfels, der an diesem Samstag in Biarritz startet, setzen. Die Bundesregierung schloss sich am Freitag der Forderung an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sei "ganz genau" wie Macron der Ansicht, dass die Lage am Amazonas auf die Tagesordnung gehöre, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Schließlich handele es sich um eine "akute Notlage des Amazonas-Regenwalds", die die ganze Welt betreffe. Allerdings müsse das Thema "im Dialog und in Zusammenarbeit mit Brasilien angegangen werden". Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bot Brasilien deutsche Hilfe im Kampf gegen die Flammen an.
Der französische Präsident Macron will auch die Brände in Brasilien zum Thema auf dem G7-Gipfel. Trotz aller Differenzen ist er darum bemüht, den Gipfel zum Erfolg zu machen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) warnte, der Regenwald sei "in großer Gefahr". Verantwortlich hierfür sei auch die brasilianische Regierung mit ihrer "Politik der verstärkten Rodung". Schulze stellte das Mercosur-Abkommen ebenfalls in Frage. Ohne Schutzgarantien für den Regenwald halte sie eine Ratifizierung für "nicht verantwortbar".
Bolsonaro will Armee gegen Brände einsetzen
Brasiliens Präsident Bolsonaro erwägt unterdessen, mit Hilfe der Armee die Waldbrände im Amazonas-Gebiet unter Kontrolle zu bringen. Eine Entscheidung hierzu werde bald fallen, sagte er am Freitag vor Journalisten in Brasilia.
Der ultrarechte Staatschef hatte sich zuvor jegliche Einmischung aus dem Ausland verbeten. Dass Macron beim G7-Gipfel in Abwesenheit der Länder der Amazonas-Region über die Waldbrände sprechen wolle, offenbare eine "kolonialistische Mentalität". Macron wolle eine "innere" Angelegenheit Brasiliens und anderer Staaten im Amazonas-Gebiet politisch "instrumentalisieren".
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In mehreren europäischen Städten demonstrierten Hunderte Menschen für den Schutz des Amazonas-Gebiets. Vor der brasilianischen Botschaft in London versammelten sich Hunderte Aktivisten. Auch in Berlin gingen Demonstranten die Straße. In mehreren brasilianischen Städten waren ebenfalls Protestaktionen geplant.
2.500 neue Brände binnen 48 Stunden
Das genaue Ausmaß der Waldbrände ist nur schwer zu erfassen. Laut dem brasilianischen Weltraumforschungsinstitut INPE brachen in ganz Brasilien binnen 48 Stunden fast 2.500 neue Brände aus. Demnach gab es seit Jahresbeginn bereits mehr als 75.000 Waldbrände - ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
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Die ehemalige brasilianische Umweltministerin Marina Silva machte die "Nachlässigkeit" der Bolsonaro-Regierung für das "zügellose Vorgehen" bei der Brandrodung verantwortlich. So seien die Brände mittlerweile "außer Kontrolle" geraten, sagte sie. Der Klimaskeptiker Bolsonaro hat dagegen wiederholt Umweltschutzgruppen für die Brände verantwortlich gemacht.
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