Jahr für Jahr reisen etwa 1,7 Millionen Deutsche nach Norwegen. Rund 30.000 deutsche Frauen und Männer leben dauerhaft im Land der Fjorde und Gletscher.
Christian, Jan, Annika und Oliver sind nicht die Einzigen, die es nach Norwegen zieht: Sehen Sie hier die komplette Doku "Ausgerechnet Norwegen"
Seinen Wohlstand verdankt Norwegen der Erdölindustrie. Trotz des rauen Klimas sind die Lebens- und Arbeitsbedingungen oft ideal. Und im Land von Mitternachtssonne und Polarlichtern gibt es viel Platz: Die meisten der circa 5,3 Millionen Einwohner leben im Süden des Landes, in Oslo oder den anderen Großstädten. Aber viele deutsche Auswanderer zieht es auch in dünn besiedelte Regionen mit einer außergewöhnlichen Naturlandschaft.
Auswanderer auf Spitzbergen
Müsste man sich das Ende der Welt als einen Ort vorstellen, es sähe wahrscheinlich ein bisschen aus wie Longyearbyen: Graue und weiße Felsen umringen die kleine Gemeinde. Rund 2.000 Menschen aus 40 Nationen leben hier, hier wird studiert und geforscht. In der jungen Stadt, die als nördlichste der Welt gehandelt wird, klettern die Temperaturen nur selten über den Gefrierpunkt; Straßen enden nach wenigen Kilometern in der Wildnis.
Wegen der allgegenwärtigen Eisbärgefahr geht es in Longyearbyen eher unkonventionell zu. Für uns Deutsche unvorstellbar: Alle Autos sind unverschlossen, die Schlüssel stecken. So können die Bewohner der kleinen Stadt bei Gefahr in einen der Pkw flüchten. Die Toleranz und Gelassenheit der Menschen auf Spitzbergen bewundert Christian Bruttel, der vor acht Jahren dorthin gezogen ist.
Eisbärengefahr ist allgegenwärtig
Quelle: ZDF/Tom Hedrich
Sobald man die Stadt hinter sich lässt, regiert die Wildnis. Christian und sein Schweizer Geschäftspartner Marcel arbeiten auf der norwegischen Inselgruppe als "Artic Nature Guides". Auf ihren Kajak-Touren zeigen sie Individualtouristen die Besonderheiten der arktischen Landschaft, ihre karge Schönheit, aber auch ihre Verwundbarkeit.
Auf Spitzbergen leben noch rund 3.000 Eisbären. Keiner kann vorhersagen, wann sie wo auftauchen. Grundsätzlich ist Vorsicht angebracht, ohne entsprechende Bewaffnung darf keiner Longyearbyen verlassen. Auch Signalpistolen eignen sich bestens, neugierige Bären zu vertreiben. Rund 600 Eisbären sind Christian bisher begegnet, doch nicht ein einziges Mal musste er ein Gewehr benutzen. Der Villinger aus dem Schwarzwald liebt das Lebensgefühl in der Arktis: eine Welt, in der, soweit das Auge reicht, nichts Menschliches zu sehen ist, in der nichts den Blick versperrt. Diese Freiheit für den Geist möchte er nicht mehr missen.
Eine Insel für Rentiere
In Nordnorwegen, rund 450 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt der Vengsøyfjord. Der Meeresarm ist Schauplatz einer außergewöhnlichen Bootsfahrt. Jan Klaudiussen transportiert mit seiner norwegischen Frau Ane eine kleine Rentierherde von der Insel Ljøsøy aufs Festland. Wie jedes Jahr haben Jonathan und die andern Rentiere einige Monate auf Ljøsøy verbracht. Die drei Kilometer lange und 300 breite Insel gehört seit über 150 Jahren Anes Familie. In Norwegen darf nur das indigene Volk der Samen Rentiere auf freien Weideflächen halten und züchten. Nicht-Samen benötigen ein entsprechend großes Privatterritorium wie Ane und ihr Mann.
Quelle: ZDF/Florian Kössl
Die Hälfte seines Lebens hat Jan schon in Norwegen verbracht. Vor 20 Jahren verliebte er sich während des Zivildienstes in das Land. Insbesondere die Kultur des "Friluftsliv" hat es ihm angetan. Man könnte es mit "Freiluftleben" übersetzen, aber das trifft es nicht genau. In Norwegen und den anderen skandinavischen Ländern bezeichnet der Begriff das "Aktivsein in der Natur", alleine oder mit anderen. Während unserem Outdoor-Begriff immer ein Geschmack von Abenteuer und harter Expedition anhaftet, steht beim skandinavischen "Friluftsliv" das Verbringen einer schönen Zeit im Vordergrund, das Vergnügen, die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu erleben. Fischen, Pilze und Beeren sammeln, draußen Kochen und Essen: All das gehört zum Lifestyle, der viele Norweger glücklich zu machen scheint. Der Schwarzwälder Jan ist jedenfalls überzeugt, im Norden Europas sein Paradies gefunden zu haben. Er glaubt nicht, dass er nach Deutschland zurückkehren wird.