Spielende Tiere sind lustig anzuschauen. Doch in der Wildnis bedeutet Spielen Energie- sowie Zeitverbrauch, und auch Gefahr. Warum spielen dann Tiere überhaupt?
Spielende Tiere, vor allem junge, sind lustig anzusehen, verfolgen aber ernsthafte Ziele.
Vermutlich spielen die meisten Tiere irgendwann einmal in ihrem Leben. Nachgewiesen ist Spielverhalten mittlerweile nicht nur für zahlreiche Wirbeltiere. Menschen und nicht menschliche Primaten spielen. Das steht fest. Auch viele Vögel, einige Reptilien und Amphibien und sogar Fische wurden schon beim Spielen beobachtet. Doch dass selbst Ameisen, Krabben und Tintenfische sich gelegentlich spielerisch beschäftigen, erstaunt dann doch.
Eine Frage der Evolution
Jeder Tierfreund, der Hunde, Katzen oder Vögel hält, ist glücklich, wenn sein Liebling spielt. Allgemein gilt Spielverhalten als Zeichen von Wohlergehen und Ausdruck von Freude. Doch bereits da wird es kritisch. Ist der Rückschluss von tierlichem Verhalten auf menschliche Verquickung von Verhalten und Gefühlserleben nicht zu vermenschlichend? Viele Wissenschaftler beantworten diese Frage mit einem klaren Jein. Zumindest bei Säugetieren, zu denen auch Homo sapiens zu zählen ist, funktionieren Emotionen sehr ähnlich. Hormonelle, neurophysiologische und anatomisch-morphologische Grundausstattungen sind bei den verschiedenen Säugerarten ähnlich. Sie haben evolutionsbiologisch denselben Ursprung.
Andererseits tut man sich gewiss schwer mit derartiger Verhaltensinterpretation bei Fröschen, Reptilien oder Fischen. Vor allem wenn es um Spielverhalten bei Spinnen, Wespen und anderen Wirbellosen geht, deren Evolutionslinien anders verlaufen, mögen die meisten Forscher kaum eine Verbindung zu Emotionen wie Freude oder Befriedigung erkennen. Dennoch ist das Spielen auch für viele Arten sogenannter Niederer Tiere beschrieben worden. Da Aufwand und Gefährdung für das spielende Tier in allen Fällen spezifisch ungefähr gleich sind, ist zu vermuten, dass auch der Nutzen dieser scheinbar zweckfreien Tätigkeiten bei allen artbezogen ähnlich sein sollte.
Eine Frage der Definition
Wer wie spielt hängt demnach davon ab, welchen Anforderungen Angehörige bestimmter Arten in ihren jeweiligen Lebensräumen gerecht werden müssen. Verhaltensforscher unterscheiden im Wesentlichen solitäres Spielen von social play, dem Spielen mit Artgenossen. Beim solitären Spielen kann sich das Tier entweder mit Gegenständen oder mit sich selbst beschäftigen. Dazu zählen das Spielen mit eigenen Körperteilen wie Finger, Rüssel oder Schwanz ebenso wie Bewegungsübungen. Beim social play spielen mehrere Artgenossen miteinander. Meist spielen junge und jugendliche Tiere, aber auch die Erwachsenen haben diese Arten der Freizeitvergnügungen nicht völlig verlernt.
Wissenschaftlich definiert ist Spielen ein Verhalten ohne erkennbaren Bezug zur aktuellen Situation des Tieres. Es dient keinem offensichtlichen Ziel. Oft handelt es sich um Teile normaler Verhaltensabläufe, etwa des Jagd-, Werbungs- oder Kampfverhaltens, die jedoch in übertriebener Form und manchmal miteinander kombiniert gezeigt werden. Auch unermüdliches Wiederholen gilt als Charakteristikum des Spielverhaltens. Offenbar bedarf es häufig einer Störung, um das Spielen zu unterbrechen oder zu beenden. Neurobiologen vermuten, dass zumindest bei Wirbeltieren Spielen bestimmte Hirnregionen sogenannte Wohlfühlhormone ausschütten lässt. Das setzt die "Liking-Wanting-Learning-Kette" in Gang: Spielen fühlt sich gut an, wird also gewollt, und durch ständiges Wiederholen werden die Verhaltenselemente perfekt erlernt.
Eine Frage des Nutzens
Häufiges Wiederholen schafft entsprechende neuronale Verschaltungen. So können bestimmte Bewegungsabläufe automatisiert werden, so dass beispielsweise das Schlagen einer Gazelle beim Gepard "ohne Nachdenken" standardisiert erfolgen kann. Wer sich als Jugendlicher in spielerischen Kämpfen bewährt, nimmt oft als erwachsenes Tier eine dominante Position ein. Junge Amerikanische Gesellschaftsspinnen spielen das Paarungsverhalten samt Kopulation, obwohl sie noch gar nicht geschlechtsreif sind – aber früh übt sich eben.
So zeigt sich, dass Spielen Jungtiere auf das Erwachsenenleben vorbereitet, sei es durch Stärkung der individuellen Fitness, sei es durch Einüben der späteren Rolle im Sozialgefüge. Spielen Erwachsene, dient dies der Festigung von Beziehungen, dem Training individueller Fähigkeiten oder – wie im Fall der Japanmakaken – der Vorbeugung von Altersdemenz. In jedem Fall ist Spielen eine Freizeitbeschäftigung. Es findet nur bei guter Versorgungslage und in sicheren, stressfreien Situationen statt. So gesehen scheint es logisch, dass vor allem Jungtiere spielen, die von ihren Eltern versorgt und geschützt werden.