Protest mit Dudelsack und Kilt: Zehntausende Schotten haben für die Unabhängigkeit von Großbritannien demonstriert. "Die Unabhängigkeit kommt", twitterte ihre Regierungschefin.
Tausende Menschen sind bei einem "Marsch für Unabhängigkeit" in der schottischen Hauptstadt Edinburgh auf die Straße gegangen. "Was für ein Tag! 250.000 hinter uns marschieren für Unabhängigkeit", twitterte die Abgeordnete der Schottischen Nationalpartei, Joanna Cherry, von der Demonstration.
Viele Teilnehmer schwenkten am Samstag schottische Flaggen, einige Demonstranten trugen Schottenrock oder spielten auf dem Dudelsack. Nach Angaben der Veranstalter nahmen rund 200.000 Menschen an der Demonstration in der schottischen Hauptstadt teil, weit mehr als erwartet.
"Zweifelt nicht daran: Die Unabhängigkeit kommt"
Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon erklärte auf Twitter ihre Unterstützung. Sie war nach eigenen Angaben zwar nicht persönlich, aber "im Geiste" anwesend. An die Teilnehmer gerichtet schrieb sie: "Habt einen großartigen Tag. Und zweifelt nicht daran: Die Unabhängigkeit kommt." Sturgeon hat angekündigt, im Brexit-Fall in den kommenden zwei Jahren ein weiteres Referendum zur Unabhängigkeit Schottlands abzuhalten. Am Mittwoch hatte sie dem britischen Premier Boris Johnson vorgeworfen, Großbritannien ohne eine Übereinkunft aus der EU herauslösen zu wollen. Dies sei gegen den Willen Schottlands.
In einem ersten Referendum 2014 hatten 55 Prozent der schottischen Wähler für einen Verbleib im Vereinten Königreich gestimmt. Allerdings weisen die Befürworter der Unabhängigkeit darauf hin, dass damals noch nicht das Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU stattgefunden hatte. Beim Brexit-Referendum hatten sich in Schottland 62 Prozent der Teilnehmer gegen einen Austritt aus der EU ausgesprochen.
Johnson telefoniert mit einzelnen Regierungschefs
In Brüssel sollen am Montag die Gespräche zwischen Vertretern der EU-Kommission und der britischen Regierung von Premierminister Boris Johnson über den Brexit wieder aufgenommen werden. Die EU verlangt von London bis zum kommenden Freitag einen Durchbruch. Johnson hatte der EU am Mittwoch neue Vorschläge vorgelegt, um noch vor dem geplanten EU-Austritt am 31. Oktober eine Einigung zu erzielen. Demnach soll die britische Provinz Nordirland nach dem Brexit in einer Zollunion mit Großbritannien bleiben.
Kurz vor der Fortsetzung der Gespräche hat Johnson am Samstag versucht, in einer Reihe von Telefongesprächen EU-Regierungschefs von seinen jüngsten Vorschlägen zu überzeugen. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte erklärte anschließend, er habe Johnson gesagt, dass es noch "wichtige Fragen zu den britischen Vorschlägen" gebe. Vor dem entscheidenden EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober bleibe "noch viel Arbeit".
Der finnische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Antti Rinne erklärte, er habe Johnson gesagt, es sei wichtig binnen einer Woche eine Lösung zu finden. Johnson habe diesem Zeitplan zugestimmt. Eine EU-Kommissionssprecherin hatte bereits am Freitag erklärt, Johnsons Vorschläge stellten keine Grundlage für eine Einigung dar.