Ölkatastrophe in Europa: 30 Jahre nach Inferno vor A Coruña

    "Aegean Sea"-Untergang 1992 :Öl-Inferno lässt Menschen nicht los

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    Die Stadt A Coruña im Nordwesten Spaniens wurde vor 30 Jahren Opfer einer der schlimmsten Ölkatastrophen in Europa. Noch heute lässt das Inferno viele in der Hafenstadt nicht los.

    Spanien, A Coruna: 30 Jahre nach einem Öl-Inferno an Spaniens Atlantikküste herrscht am Strand von Orzan Normalität.
    Die Stadt A Coruña erlebte vor 30 Jahren ihren "schwärzesten Tag". Heute erinnert nichts mehr an das Inferno direkt vor dem Hafen der Stadt.
    Quelle: Emilio Rappold/dpa

    "Es war die Hölle auf Erden. Ich zittere heute noch, wenn ich daran denke. Manchmal habe ich sogar Alpträume." Antonio erinnert sich, als wäre es gestern passiert. Dabei ist es schon 30 Jahre her:
    Am frühen Morgen des 3. Dezember 1992 lief der griechische Öltanker "Aegean Sea" an den Klippen vor dem Hafen der spanischen Stadt A Coruña auf Grund. Nach einigen Stunden brach das griechische Schiff entzwei. Kurz danach eine ohrenbetäubende Explosion und die "Aegean Sea" ging in Flammen auf. Eine riesige, dichte, schwarze, stinkende Rauchsäule machte binnen Minuten den Tag zur Nacht.

    Havarie bei schlechtem Wetter

    Antonio, der seinen ganzen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, muss im Gespräch mehrmals die Sonnenbrille abnehmen, um sich Tränen abzuwischen.

    Es war beängstigend. Alles schwarz, der Himmel, der Horizont.

    Antonio, Augenzeuge

    Die Havarie des 260 Meter und 40 Meter breiten Tankers geschah bei schlechtem Wetter nur hundert Meter vor dem antiken Herkulesturm, dem Wahrzeichen der Stadt. Unter vielen Menschen brach Panik aus. 3.000 Bewohner sowie Hunderte Touristen aus küstennahen Hotels wurden in Sicherheit gebracht. Die 30-köpfige Besatzung und der Kapitän sprangen ins stürmische Meer, um sich zu retten. 

    Evakuierungspläne lagen bereit

    Antonio war nicht der Einzige, der damals zitterte. Sogar Menschen, die Verantwortungsämter inne hatten, geben zu, dass sie große Angst hatten. Ex-Bürgermeister Francisco Vázquez verriet der Zeitung "La Opiniòn", man habe wegen des giftigen Rauchs ans Schlimmste gedacht.

    Wir hatten Pläne zur Evakuierung der ganzen Stadt.

    Francisco Vázquez, Ex-Bürgermeister

    Verheerende Auswirkungen für Mensch und Natur

    Das Feuer konnte nach rund 30 Stunden gelöscht werden. Niemand starb. Aber die Folgen für die Umwelt und für Tausende Menschen waren verheerend:
    • 80.000 Tonnen Rohöl flossen ins Meer (fast doppelt so viel wie beim Unfall des US-Tankers "Exxon Valdez" 1989 vor Alaska).
    • Ein Ölfleck, der mit 50 Quadratkilometern so groß war wie 7.000 Fußballfelder, zog rund 300 Kilometer der Küste in Mitleidenschaft.
    • Mindestens 26.000 Tiere verendeten laut Ökologen.
    • Rund 4.000 Fischer und Muschelsammler wurden zunächst arbeitslos.
    Dem Schiffskapitän und dem zuständigen Hafenlotsen wurden Geldstrafen von je 300.000 Pesetas (ca. 2.000 Euro) auferlegt. Und der spanische Staat gewährte nach langer Fehde den Betroffenen, darunter der Reederei und dem Ölhändler sowie den Fischern, Entschädigungen von insgesamt mehr als 125 Millionen Euro - aber erst nach zehn Jahren.

    "Aegean Sea" war kein Einzelfall

    Es war damals bereits die dritte Ölkatastrophe in nur 16 Jahren an der "Costa da Morte", der wegen der vielen Felsenriffe, Unwetter und Schiffsunglücke berüchtigten "Todesküste".
    • 1976 geriet vor A Coruña die "Urquiola" in Brand. 100.000 Tonnen Rohöl verseuchten das Meer.
    • Zwei Jahre später explodierte die "Andros Patria" vor den Sisargas-Inseln. 34 Seeleute starben, 50.000 Tonnen Rohöl traten aus.
    Verständlich, dass die "Coruñeses" 1992 die Nase gestrichen voll hatten. Zehntausende gingen auf die Straße und forderten "Nunca Máis!" (Nie wieder!). Umsonst.
    Spanien, Carnota: Ölkatastrophe am Strand von Carnota.
    Am 13. November 2002 geriet der Tanker "Prestige" in Seenot und brach sechs Tage später entzwei. Tausende Kilometer spanischer, französischer und portugiesischer Atlantikküste wurden verschmutzt.
    Quelle: epa

    Unglück des Tankers "Prestige"

    Nur zehn Jahre später, Ende November 2002, eine neue, riesige Ölkatastrophe. Diesmal, weiter weg von der Küste, ging der Tanker "Prestige" unter. 63.000 Tonnen Öl gelangten in den Ozean und verschmutzten 2.900 Kilometer Küste. 200.000 Seevögel kamen ums Leben. Der Ölfleck erreichte mehrere Regionen Nordspaniens und sogar Teile der Küsten Portugals und Frankreichs.
    Das war die letzte große Ölkatastrophe in Europa. Unter anderem auch deshalb, weil die Sicherheitsvorkehrungen an Bord und an den Häfen verbessert wurden. Aber unmöglich sei eine Wiederholung nicht, warnen Experten.

    40.000 Schiffe jährlich vor Galicien unterwegs

    Vor der Küste Galiciens, einer der am stärksten befahrenen "Meeresautobahnen" Europas, verkehrten 40.000 Schiffe pro Jahr, von denen ein Drittel gefährliche Güter transportiere, sagen Xaquín Rubido, Sprecher der Bewegung "Nunca Máis", und Cristóbal López von der Umweltgruppe Ecologistas en Acción jüngst im Fernsehen.
    Quelle: dpa

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