Afghanistan erlebt eine Hungerkatastrophe, deren Ausmaß selbst erfahrene Entwicklungshelfer schockiert. Drei Millionen Kinder sind unterernährt. Was können wir tun, um zu helfen?
Leidende, hungrige Babys, keine Medikamente: Gerührt von einem ZDF-Bericht haben viele ZDF-Zuschauer und die Organisation "Archemed" gespendet - nun ist die erste Lieferung angekommen.
Die achtjährige Fatima sitzt wie jeden Morgen frierend und hungrig am Straßenrand, vor sich einen Haufen Bürsten und Lappen: Als Schuhputzerin muss sie zum Lebensunterhalt ihrer Familie beitragen. Es ist kalt in Kabul, doch sie trägt nur ein paar Plastikschlappen über ihren Strümpfen und eine dünne Jacke.
Sicher stellen, dass Spenden ankommen
Als Journalist*innen ist es unsere Aufgabe, zu berichten. Doch reicht das reine Beobachten? Eine Frage, die sich angesichts der Not und Verzweiflung auch mir immer wieder stellt.
Nach fast jedem Bericht aus Afghanistan erhalten wir viele, viele Anfragen: "Was können wir tun, um Fatima und ihre Familie zu unterstützen?" oder "Gibt es eine Möglichkeit, so zu spenden, dass das Geld auch ankommt und nicht in die Hände der Taliban fällt?", möchten ZDF-Zuschauer und -Zuschauerinnen wissen.
Ein Problem, vor dem auch internationale Geber stehen, die ihre Hilfszahlungen und Projekte weitgehend eingestellt haben - Afghanistan erhält jetzt nur noch Nothilfe.
Platz in Krankenhäusern reicht nicht
"Wir müssen Kinder sterben lassen, weil wir nicht genug Antibiotika oder Infusionsflüssigkeit haben", sagt der Arzt Hajigul Tasawor Kamalzai, der uns durch das Indira-Ghandi-Krankenhaus in Kabul führt, durch Stationen voller unterernährter Kinder. Bettchen, in denen gleich mehrere Neugeborene liegen, weil der Platz nicht reicht.
Besonders für Afghanistans Kinder hat sich das Leben dramatisch verschlechtert. Viele Familien sind ohne Einkommen, immer mehr leiden unter Hunger.
Mitglieder der Organisation "Archemed" aus Möhnesee sehen unseren Bericht über die Lage der Klinik im ZDF. Und beschließen zu handeln. Das ZDF vermittelt den Kontakt nach Kabul. In direkter Absprache mit Kinderarzt Kamalzai stellen sie zusammen, was dringend benötigt wird, Medikamente in Wert von fast 50.000 Euro.
Erster privater Hilfstransport aus Deutschland
An diesem Wochenende kommt der erste private Hilfstransport am Flughafen von Kabul an - Nothilfe für fast 1.000 Kinder. Der Kindermediziner kommt persönlich, um die Paletten durch den Zoll zu bringen, und sicher verladen zu lassen.
"Die Unicef-Chefin ist in Tränen ausgebrochen und hat gesagt: Wir wissen gar nicht mehr, wie wir in dieser Notlage helfen sollen", sagt ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf.
Obwohl er selbst, wie alle anderen Mitarbeiter*innen des Krankenhauses, seit Monaten keinen Lohn mehr erhält, will Kamalzai bleiben, weiter kämpfen - und hofft auf die Fortsetzung der Unterstützung aus Deutschland. Die Taliban unterstützen die Hilfe, sorgen am Flughafen sogar für einen reibungslosen Ablauf. Und das ZDF darf mit der Kamera dabei sein.
Versorgungssystem von Hilfen abhängig
Die Taliban sichern in Interviews bislang immer wieder zu, die Arbeit internationaler Hilfsorganisationen nicht zu behindern, sondern zu unterstützen. Und viele von ihnen sind weiter in Afghanistan tätig: Unicef, das internationale Rote Kreuz, die Welthungerhilfe, um nur einige zu nennen. Ohne ihren Einsatz, das wissen auch die neuen Machthaber, würde das komplette Versorgungssystem zusammenbrechen.
"Fast 90 Prozent der afghanischen Familien haben mittlerweile keine sichere Lebensmittelversorgung. Manchmal gibt es tagelang kein Essen, oder allenfalls Brot", sagt Marzia Mohammadi, Direktorin der der afghanischen "Social Organisation for Afghan Women" - eine Organisation, die sich vor allem um alleinstehende Frauen kümmert und von der Welthungerhilfe unterstützt wird.
Wunschtraum warme Decke und Schuhe
Wir fahren erneut zur Familie Rahimi, um in Erfahrung zu bringen, wie wir helfen können. "Was wünscht Ihr Euch?", frage ich Fatima und ihre Geschwister. Eine warme Decke möchte die Achtjährige, ihr kleiner Bruder wünscht sich neue Schuhe, und weist auf seine viel zu kleinen Badeschlappen, mit denen er sonst herumläuft.
Hunger und Kälte ist für sie alle bitterer Alltag. Die fünf Kinder schlafen in einem winzigen Raum, ohne Heizung, auf dem kalten Boden. Und zu essen gibt es häufig nur Brot, dazu Tee mit Zucker.
Wir gehen zusammen auf den Basar, kaufen warme Schuhe und Decken, die sie glücklich nach Haus tragen. Doch dort werden wir sofort umringt von Nachbarn, immer mehr drängen hinein in den kleinen Innenhof, es hat sich schnell herumgesprochen, dass die Familie Geld bekommen hat.
Wir müssen aufbrechen, heimlich stecken wir Fatimas Vater noch umgerechnet 50 Euro zu, dann müssen wir schnell weg. Es ist klar: Es werden immer nur Einzelne sein, denen wir helfen können. Eine Familie, ein Krankenhaus ... Doch wir versprechen, vor unserer Abreise noch einmal wiederzukommen und Fatimas Familie Geld für den Winter zu bringen.
So können Sie für die Menschen in Afghanistan spenden:
- Spendenkonten
Krieg, Überflutung, Dürre - Opfer von Katastrophen unterstützen