Der Meteorologe Bernhard Mühr kritisiert im U-Ausschuss zur Ahrtal-Flut die Kommunikation betroffener Stellen. Für "Profis" habe das Ausmaß früh erkennbar sein müssen.
Nach Einschätzung des Diplom-Meteorologen Bernhard Mühr war es am 14. Juli 2021 spätestens um 16 Uhr unzweifelhaft klar, dass es an der Ahr ein Hochwasser von einem Ausmaß geben würde, wie es seltener als alle 100 Jahre vorkommt.
Der Pegel des Hochwassers vom Juni 2016 (2,73 Meter) sei um diese Uhrzeit bereits erreicht gewesen und noch sehr viel Niederschlag erwartet worden, sagte der Sachverständige im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe des rheinland-pfälzischen Landtags.
Meteorologe Mühr: Unverständnis für "zu spätes" Handeln
Bereits am Tag zuvor sei klar gewesen, dass es ein besonders starkes Hochwasser werden würde. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) habe aus seiner Sicht "frühzeitig und sachlich richtig gewarnt", sagte der Fachmann aus Karlsruhe.
Der DWD habe die höchste mögliche Warnstufe 4 vor Dauerregen am 13. Juli ausgegeben. Er bezweifle allerdings, dass die Brisanz und der Handlungsdruck aus dem Text des DWD für alle zu erkennen waren. Mühr kritisierte:
Hätte besser vor der Flutkatastrophe gewarnt werden können? Dieser Frage geht ein Untersuchungssauschuss des rheinland-pfälzischen Landtags nach.
Kritik an Kommunikation beteiligter Stellen
Für Profis und in der Kommunikation zwischen den Kommunen und Behörden hätte der Handlungsdruck laut Mühr nach der Warnung jedoch klar werden müssen. Darum habe er Schwierigkeiten zu verstehen, warum zu spät reagiert wurde. Dieser Ablauf wäre dem Meteorologen zufolge konsequent und richtig gewesen:
- Spätestens am 14. Juli ab 16 Uhr hätte getan werden müssen, was die Pläne für solche Situationen vorsähen.
- Auch im Laufe des 13. Juli hätte es erste Aufforderungen geben müssen, etwa an die Campingplätze sowie an die Anwohnerinnen und Anwohner, ihre Autos vom Ufer weg zu parken.
Auch im Düsseldorfer Landtag soll ein U-Ausschuss klären, ob zu spät gewarnt wurde.
Wetter-Experte Sven Plöger, der ebenfalls am Freitag im Untersuchungsausschuss zu Wort kam, gab zu bedenken, dass es schwierig sei, mit mehreren Tagen Vorlauf vorherzusagen, wo genau solche Unwetter zu verheerenden Flutwellen wie im Ahrtal führen. Schon die Veränderung kleiner Details bei den Modellrechnungen führten zu grundlegend anderen Ergebnissen. So habe es für den 14. Juli 2021 auch für den Schwarzwald das Risiko extremen Starkregens bestanden. Hier habe es jedoch nur viel Regen gegeben.
Verschiedene Sachverständige werden in U-Ausschuss angehört
Bei der Flutkatastrophe vom 14. auf dem 15. Juli sind im nördlichen Rheinland-Pfalz insgesamt 135 Menschen gestorben, davon 134 im Ahrtal. Hunderte wurden verletzt und weite Teile des Tals verwüstet.
Der rheinland-pfälzische Landtag in Mainz hatte im Herbst die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen, um mögliche Fehlentscheidungen und Pflichtverletzungen im Vorfeld und unmittelbar nach dem katastrophalen Hochwasser in der Eifel aufzuklären. An diesem Freitag sollen zehn Sachverständige gehört werden.
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