Das deutsche Schiff "Alan Kurdi" wartet auf eine Lösung für 150 Gerettete. Indessen hat das Bundesinnenministerium dazu aufgerufen, die Rettung wegen der Corona-Krise einzustellen.
Quelle: Reuters
Die "Alan Kurdi" ist mit 150 Flüchtlingen an Bord weiterhin auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Die Lage spitze sich zu, das Schiff sei zur dauerhaften Beherbergung von 150 Menschen nicht geeignet, teilte die Organisation "Sea Eye" mit.
Lebensmittel fehlen an Bord
Die Bitte der Crew nach dringend benötigten Lebensmitteln sei von der italienischen und der maltesischen Rettungsleitstelle abgelehnt worden. Auch von der deutschen Rettungsleitstelle habe man keine Hilfe erhalten. Aber es brauche Nachschub innerhalb der nächsten 48 Stunden, erklärte Kapitänin Bärbel Beuse.
"Sea Eye"-Vorsitzender Gorden Isler sagte, es könne nicht sein, dass es angesichts der Corona-Pandemie "milliardenschwere Rettungspakete für die europäische Industrie" gebe und gleichzeitig behauptet werde, "dass es für den Schutz von Migrantinnen und Migranten keine Ressourcen gibt". Europa habe eine Situation zugelassen, in der humanitäre Katastrophen "mittlerweile miteinander konkurrieren und gegeneinander ausgespielt werden".
Marie von Manteuffel von Ärzte ohne Grenzen plädiert für ein schnelles Handeln in den griechischen Flüchtlingslagern: "Die Hochrisikogruppen müssen sofort evakuiert werden".
Neugebauer: Wie ein Aufruf, ertrinken zu lassen
Mehrere Seenotrettungsorganisationen kritisierten außerdem einen Aufruf des Bundesinnenministeriums, die Rettung wegen der Corona-Pandemie einzustellen. "Das Innenministerium überschreitet absolut seine Kompetenzen", sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer dem epd.
Der Brief des Ministeriums komme eine Aufforderung gleich, Menschen ertrinken zu lassen: "Durch die Corona-Krise verschwinden die anderen Krisen nicht", so Neugebauer. Die Not der Geflohenen bleibe genauso bestehen wie die völkerrechtliche Verantwortung, ihnen zu helfen.
BMI: Keine neuen Fahrten
Das Innenministerium hatte am Donnerstag in einem Brief an die Seenotrettungsorganisationen, der dem epd vorliegt, auf die Ankündigung Italiens und Maltas verwiesen, keine privaten Rettungsschiffe mehr in ihre Häfen zu lassen. Da davon auszugehen sei, dass die Schiffe keinen Aufnahmehafen im Mittelmeer finden, sollten keine neuen Fahrten aufgenommen und bereits in See gegangene Schiffe zurückgerufen werden, hieß es in dem Schreiben.
Auch "SOS Méditerranée" kritisierte die Entwicklung. Damit werde internationales Recht außer Kraft gesetzt.
Aufruf zur Seenotrettung
Die Rettungsorganisationen riefen die anderen EU-Länder dazu auf, die Mittelmeeranrainer zu unterstützen und sich für alternative Lösungen für eine weitere Seenotrettung einzusetzen. Die Bundesregierung habe mit der Ausnahmeregelung für Erntehelfer aus Osteuropa bewiesen, dass sie in der Lage sei, schnell zu handeln.
Mit den gleichen Mitteln, wie die Erntehelfer nach Deutschland gebracht würden, könnte man beispielsweise die Geretteten der "Alan Kurdi" ins Land bringen, sagte Sea-Watch-Sprecher Neugebauer.
BMI: Deutschland will "konstruktiven Beitrag" leisten
Das Bundesinnenministerium erklärte inzwischen, die Bundesregierung prüfe alternative Orte, an denen die Menschen an Land gehen könnten und stehe dazu in Kontakt mit verschiedenen europäischen Partnern. Ländernamen wurden nicht genannt.
Deutschland sei bereit, einen "konstruktiven Beitrag" zu leisten, betonte ein Sprecher. Die Regierung in Rom sieht allein Deutschland in der Pflicht.
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