China und Indien: Viel Antibiotika in Gewässern nachgewiesen

    China und Indien:Viel Antibiotika in Gewässern nachgewiesen

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    Eine aktuelle Studie hat Antibiotika-Rückstände in vielen Gewässern in China, Indien und weiteren Ländern nachgewiesen. Dadurch steige die Gefahr weltweiter Antibiotikaresistenzen.

    Das Bild zeigt verschiedene Medikamente auf einem Haufen.
    Resistenzen gegen Antibiotika führen weltweit laut WHO-Schätzung zu 1,3 Millionen Toten jährlich.
    Quelle: Friso Gentsch/dpa

    Antibiotika-Rückstände in Gewässern von Schwellenländern stellen eine große Herausforderung dar. In Indien, China und vielen weiteren Ländern dieses Gebiets sorgten sie für potenzielle Resistenz-Hotspots, berichtet ein Wissenschaftlerteam in einer Übersichtsarbeit. Abwässer und Kläranlagen scheinen demnach Hauptquellen für die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen in diesen Regionen zu sein.

    Resistenzen können auch Europa erreichen

    Dass sich Resistenzen etwa aus China oder Indien bis nach Europa verbreiten, hält Thomas Van Boeckel, Dozent für Gesundheitsgeografie an der Universität Göteborg, grundsätzlich für möglich:

    Es gibt zahlreiche Arbeiten, die zeigen, dass sich viele arzneimittelresistente Erreger weltweit verbreitet haben.

    Thomas Van Boeckel, Universität Göteborg

    Van Boeckel war selbst nicht an der im Fachjournal "The Lancet Planetary Health" vorgestellten Studie beteiligt.
    Killerkeime: Antibiotika Forschung
    Deutschlands Abhängigkeit von China28.06.2022 | 6:48 min

    Viele verschiedene Antibiotika-Arten in Gewässern entdeckt

    Im Gebiet der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) definierten Westpazifischen (WPR, einschließlich China) und Südostasiatischen Region (SEAR, einschließlich Indien) gelangen etwa 80 bis 90 Prozent des Abwassers ungeklärt in Gewässer, wie es in der Analyse heißt. China und Indien gehören demnach zu den weltweit größten Produzenten und Verbrauchern von Antibiotika.
    Insgesamt wurden in Gewässern nach den Ergebnissen der Übersichtsarbeit in Ländern der West-Pazifik-Region 92 und in Ländern Südostasiens 45 verschiedene Human- und Veterinärantibiotika nachgewiesen.

    Rückstände erhöhen Gefahr für resistente Keime

    Besorgniserregend sei der Eintrag in die Umwelt von WPR- und SEAR-Ländern auch, da dort viele Menschen Wasser etwa aus Flüssen und Seen direkt zum Waschen und als Trinkwasser nutzten, erläutern die Forschenden um Nada Hanna vom Karolinska Institut in Stockholm. Das Team wertete 240 Analysen zur Situation in Ländern der beiden WHO-Regionen aus.
    Zudem ermittelten sie mit einer speziellen Methode, wo die Konzentration von Antibiotika so hoch liegt, dass sie wahrscheinlich zur Bildung von Antibiotika-resistenzen beiträgt. Mit mehr Antibiotika-Rückständen in der Umwelt steigt die Gefahr für die Entstehung weiterer dagegen resistenter Erreger und neuer Resistenzwege.

    WHO: Wohl 1,3 Millionen Tote weltweit durch unwirksames Antibiotika

    Bakterien verschiedener Arten können Resistenzmechanismen untereinander weitergeben, resistente Erreger aus der Umwelt in Mensch und Tier gelangen. Das kann die Zahl der Fälle steigen lassen, in denen Infektionen nicht mehr erfolgreich behandelt werden können.
    Die WHO schätzt, dass inzwischen jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen sterben, weil Antibiotika bei ihren Infektionen nicht anschlagen.

    RKI: Viele Tote in Deutschland durch multiresistente Erreger

    Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hatte Ende 2022 berichtet, dass im Europäischen Wirtschaftsraum jährlich mehr als 35.000 Menschen aufgrund von Antibiotika-Resistenzen sterben.
    In Deutschland sterben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) jährlich etwa 2.500 Menschen allein durch multiresistente Erreger, also solche, die gegen mehrere Antibiotika gleichzeitig resistent sind. Hinzu kommen Tausende Todesfälle im Zuge von Einzelresistenzen.

    WHO besorgt
    :Antibiotika-Resistenz "globale Bedrohung"

    Jedes Jahr sterben laut WHO 1,3 Millionen Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken. Die steigende Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika gefährde auch die Wirtschaft.
    Bayern, Regensburg: Eine Petrischale mit MRSA-Keimen (Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus), aufgenommen im Universitätsklinikum. Archivbild
    Quelle: dpa
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