Volksverhetzung und Sachbeschädigung: Die Behörden in Sachsen-Anhalt beobachten einen stetigen Anstieg an antisemitischen Straftaten seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle.
Politikerinnen und Politiker erinnern an den Anschlag auf die Synagoge in Halle vor drei Jahren. Jahrestage seien für Betroffene "oft besonders schmerzhaft", sagte der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober, am Samstag. Es sei wichtig, gerade zu diesen Anlässen "die Getöteten und alle zu würdigen, die durch diese sinnlose von Antisemitismus und Rassismus getriebene Tat unermessliches Leid erfahren haben".
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Lamya Kaddor, forderte einen besseren Schutz für jüdische Einrichtungen. Auch müssten bestehende Lücken im Opferentschädigungsgesetz geschlossen werden. Es sei inakzeptabel, dass Jüdinnen und Juden hierzulande Angst hätten, "das Bekenntnis zum Glauben offen zu tragen. Antisemitismus und Rassismus dürfen keinen Platz in einer offenen Gesellschaft haben", so Kaddor.
-
Sachsen-Anhalt: Antisemitische Straftaten nehmen zu
Eine Zunahme judenfeindlicher Straftaten beobachten die Sicherheitsbehörden in Sachsen-Anhalt. Das berichtet die "Mitteldeutsche Zeitung" zum Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge in Halle (09.10.2019).
Sachsen-Anhalts Polizei registrierte einen Anstieg an Straftaten:
- 2019: 70 judenfeindliche Straftaten
- 2020: 87 judenfeindliche Straftaten
- 2021: 111 judenfeindliche Straftaten
Im laufenden Jahr zeichne sich erneut ein leichter Anstieg ab, so das Ministerium.
Überwiegend handele es sich demnach um:
- Volksverhetzung
- Sachbeschädigung
- Beleidigung
Deutschlandweit verzeichnete das Bundesamt für Verfassungsschutz auch einen Anstieg an antisemitischen Straftaten:
Corona-Proteste haben Antisemitismus geschürt
"Die Vorfälle werden von den Betroffenen offener, aggressiver erlebt", sagte der Ansprechpartner der Landesregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Wolfgang Schneiß. Zugleich beschrieben Betroffene die Vorfälle als "alltägliche Phänomene".
Die Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie hätten als "Beschleuniger" gewirkt.
Die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland steigt. Meist gibt es keine Konsequenzen für die Täter.
09. Oktober 2019: Antisemitischer Anschlag auf Synagoge
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist versucht, in die Synagoge einzudringen, um ein Massaker anzurichten. Zu der Zeit waren mehr als 50 Menschen dort versammelt, um den jüdischen Feiertag Jom Kippur zu begehen. Als dem Täter das nicht gelang, erschoss er eine Passantin und in einem nahe gelegenen Döner-Imbiss einen Mann. Der Täter ist inzwischen unter anderem wegen Mordes verurteilt.
Der Anschlag "fordert uns alle zu erhöhter Wachsamkeit heraus", mahnte Schmeiß. Er erlebe seither ein höheres Problembewusstsein.
Bei einer Demo in Berlin riefen muslimische Jugendliche antisemitische Parolen. Der Psychologe Ahmad Mansour spricht darüber mit "Forum"-Moderatorin Dilek Üsük.
Für Sonntag Schweigeminute in Synagoge geplant
Am Sonntag erinnern die Stadt Halle und ihre jüdische Gemeinde gemeinsam an den Anschlag. Beim Zeitpunkt des Beginns des Anschlags um 12.03 Uhr werden stadtweit die Kirchenglocken läuten. Nach einer Schweigeminute in der Synagoge werden der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Max Privorozki, Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sowie Bürgermeister Egbert Geier (SPD) an die Ereignisse erinnern.
- Antisemitismus bei Muslimen und AfD häufiger
Wie viel Antisemitismus gibt es in Deutschland? Eine Umfrage zeigt: Judenfeindliche Einstellungen sind unter AfD-Wählern und Muslimen stärker verbreitet.