"Enttäuscht und wütend": So beschreibt Tom Buhrow die Stimmung in der ARD nach der Affäre um die zurückgetretene Patricia Schlesinger. Die ARD wolle nun Lehren daraus ziehen.
Die ARD will sich angesichts der Affäre um die zurückgetretene RBB-Intendantin und ARD-Chefin Patricia Schlesinger für eine Stärkung der Aufsicht aller Sender einsetzen. WDR-Intendant Tom Buhrow, der die Geschäfte an der ARD-Spitze übernommen hat, sagte im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa:
Buhrow sagte zudem auf die Frage, wie groß der Ansehensverlust für die ARD und den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch die Schlesinger-Affäre ist: "Das ist noch nicht endgültig absehbar, aber ich rede da nicht drum herum: Diese Krise berührt auch die ARD - der RBB ist schließlich ein Mitglied der ARD." Der ARD-Chef ergänzte: "Deshalb ist es jetzt meine Aufgabe, dass wir in der ARD die Schlussfolgerungen analysieren und angehen."
Ermittlungen gegen Schlesinger
Patricia Schlesinger ist seit Wochen zahlreichen Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Im Zentrum steht neben der 61-Jährigen, die als ARD- und RBB-Chefin in der Affäre zurückgetreten ist, auch der ebenfalls zurückgetretene Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf des Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg.
Zudem geht es um fragwürdige Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der Messe Berlin, wo der Chefkontrolleur ebenfalls bis zu seinem dortigen Rücktritt Aufsichtsratschef war. Es steht die Frage im Raum, ob Schlesinger mit Wolf einen zu laxen Umgang bei möglichen Interessenskonflikten gepflegt haben könnte.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt inzwischen gegen Schlesinger, ihren Ehemann und Ex-"Spiegel"-Journalisten Gerhard Spörl und Wolf wegen des Anfangsverdachts der Untreue und Vorteilsannahme. Bei dem ganzen Fall geht es zum Beispiel auch um Details wie einen teuren Dienstwagen, Essen mit Gästen in der Privatwohnung Schlesingers auf RBB-Kosten, eine kräftige Gehaltserhöhung auf 303.000 Euro plus bislang noch nicht benannte Boni.
Buhrow: Sender stehen unter Generalverdacht
Über die aktuelle Stimmung in der ARD wegen der Schlesinger-Affäre sagte ARD-Chef Buhrow:
Alle Sender seien unter Generalverdacht gekommen - "und auch Tausende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die jeden Tag gute Arbeit machen - inklusive der RBB-Mitarbeiter, die jetzt die journalistische Ehre des RBB hochhalten."
Buhrow wird bis Jahresende ARD-Chef sein, er sprang für die zurückgetretene Schlesinger ein, deren Amtszeit noch bis Jahresende gedauert hätte. Danach könnte voraussichtlich SWR-Intendant Kai Gniffke übernehmen.
- RBB-Affäre: Ermittlungen gegen Schlesinger
In der Affäre um die zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gibt es erste Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Ihr werden Untreue und Vorteilsnahme vorgeworfen.