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Investieren statt spenden : "Der beste Weg aus der Armut ist ein Job"

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Hilfe in Entwicklungsländern lindert Not aber bleibt dabei temporär. Ein alternativer Ansatz: Investitionen in Firmen vor Ort sollen Jobs schaffen und strukturelle Armut beenden.

Klassische Entwicklungshilfe kann Hungersnöte mildern und lokal Verbesserungen erreichen, aber noch immer herrscht in vielen Ländern strukturelle Armut.

Beitragslänge:
29 min
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Till Wahnbaeck war Manager in der Wirtschaft und Vorsitzender der Welthungerhilfe. Heute verbindet er seine Erfahrungen aus beiden Welten: Als Gründer und CEO von IMPACC fördert er Innovation und Unternehmertum als Entwicklungsmotor.

Seine "Social-Business-NGO" sammelt keine Spenden, sondern Kapital für Investitionen. Diese ermöglichen Start-ups in Entwicklungsländern, ihre Unternehmungen auf- und auszubauen.

ZDFheute: Was wurde in der Vergangenheit bei der Entwicklungshilfe falsch gemacht?

Till Wahnbaeck: Das größte Problem liegt in der Frage der Nachhaltigkeit: Ändert die Hilfe langfristig etwas oder verpufft sie nur? Was bleibt, wenn "die Helfer" gegangen sind? Und da ist die Bilanz dürftig.

ZDFheute: Hat die Entwicklungszusammenarbeit ihre Lehren daraus gezogen und wie sieht diese Neuausrichtung aus?

Wahnbaeck: Ich glaube, dass wir momentan an einem Kipppunkt sind - Hilfe nicht mehr als etwas zu denken, was man gibt und dann Dankbarkeit erwartet. Viele verstehen Hilfe jetzt als einen Impuls, das zu unterstützen, was in den Ländern ohnehin schon angelegt ist.

Daraus hat sich zum Teil auch unser Ansatz von IMPACC entwickelt: Wir wollen keine Lösungen exportieren. Im Zweifelsfall sind die Lösungen der Probleme vor Ort vorhanden, das heißt die Menschen dort sind viel besser in der Lage ihre Probleme zu lösen, als wir das von außen können.

Wir sind davon überzeugt, dass die Wirtschaft dabei eine sehr große Rolle spielen kann. Der beste Weg aus der Armut ist ein Job. Und der beste Motor Jobs zu schaffen, sind kleine und mittlere Unternehmen vor Ort. Die brauchen aber keine Hilfe, kein Geld als Spende, sondern Investitionen, um ihr Geschäft weiterzubringen.

Hilfe von IMPACC: Die 29-Jährige Kenianerin Nzambi Matee hat ein Verfahren entwickelt, aus Sand und Plastikmüll haltbare Pflastersteine zu machen.
Kandidatin für Hilfe von IMPACC: Die 29-jährige Kenianerin Nzambi Matee produziert aus Sand und Plastikmüll haltbare Pflastersteine.
Quelle: Detlev Konnerth

ZDFheute: Worin unterscheidet sich Ihr Ansatz vom Ansatz anderer Akteure?

Wahnbaeck: In meiner beruflichen Vergangenheit habe ich Gegenden extremer Armut kennengelernt. Dort gingen Hilfsorganisationen hin und machten Projekte. Sie sammeln also Geld ein, stecken es in ein Projekt. Und wenn das Geld alle war, wurde das Projekt beendet.

Das widersprach aber meinen Erfahrungen aus der freien Wirtschaft und, dass man so eigentlich nicht mit Geld umgeht. Man verbrennt es nicht, sondern investiert und hofft, dass daraus mehr wird.

Leider gehen Investoren nicht dahin, wo die Not am größten ist, weil das nicht profitabel ist. Genau daraus entstand die Idee einer neuen Art von Entwicklungshilfe und auch eine neue Form der Organisation zu gründen: Letztendlich eine Hilfsorganisation, die denkt, sie wäre eine Venture-Capital-Bude.

Pflastersteine von Nzambi Matee werden verlegt.
Matees Pflastersteine aus Plastikmüll sind günstig, sparen CO2-Emissionen und sind bruchfester als Zementziegel.
Quelle: Detlev Konnerth

ZDFheute: Wie funktioniert das genau?

Wahnbaeck: Als gemeinnützige Organisation dürfen wir Spenden einnehmen und sie in Investitionen umwandeln. Aus einer Spende wird also eine Beteiligung an einem Unternehmen. Wir ziehen keine Profite ab, erwarten aber, dass die Firmen mit unserer strategischen Unterstützung erfolgreich sind. Denn nur dann schaffen sie Jobs und helfen Menschen aus der Armut.

Idealerweise steigen wir nach zehn Jahren wieder aus, wenn die Firma auf eigenen Beinen steht. Die Gründer kaufen die Anteile zurück, für uns ohne Gewinn, idealerweise auch ohne Verlust. Dieses Geld investieren wir wieder in neue Unternehmen. So entsteht fast ein Kreislauf des Wachstums. Das Geld arbeitet wesentlich länger und hat entsprechend mehr Wirkung.

ZDFheute: Wo muss Ihrer Meinung nach die Entwicklungszusammenarbeit hin?

Wahnbaeck: Es geht darum, wirkliche Hilfe zur Selbsthilfe zu schaffen. Die Eigeninitiative von Menschen in Gegenden, die weniger privilegiert sind, zu stärken. Und der Inbegriff von Eigeninitiative ist das Unternehmertum.

Wenn es uns gelingt, Unternehmertum dort zu stärken, wo es zur Verbesserung der Gemeinschaft beiträgt, ist das ein spannendes und noch zu wenig beachtetes Feld der Entwicklungszusammenarbeit.

Das Interview führte Johannes Buck.

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