Die steigenden Preise treffen Armutsbetroffene besonders hart. Wer jetzt bereits beim Einkaufen jeden Cent zweimal umdrehen muss, blickt mit Sorge in Richtung Herbst und Winter.
Rund zwei Dutzend Menschen haben sich in Köln zu einer Protestaktion versammelt. Sie alle haben gemeinsam, dass sie das Thema Armut beschäftigt – die meisten sind selbst betroffen, andere sind aus Solidarität dazugestoßen.
Kati B. hat die Aktion mitorganisiert. Die 40-Jährige ist selbst von Armut betroffen, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten kann. Seit vielen Wochen ist sie Teil der Bewegung #IchBinArmutsbetroffen. Es hat sie Mut gekostet, mit dem Thema Armut in die Öffentlichkeit zu gehen. Doch der Kampf für Akzeptanz und Veränderung treibt sie um:
Über 13 Millionen Menschen leben in Deutschland in Armut. Unter dem Hashtag #ichbinarmutsbetroffen wehren sich arme Menschen gegen Vorurteile.
Energiekrise schürt Existenzängste
Kati lebt von rund 450 Euro Grundsicherung im Monat. Die Stromkosten bekommt sie nicht vom Staat erstattet. Sie erhält lediglich 10 Euro Aufschlag, da sie Warmwasser über Strom bezieht: "Es hat vorher schon nicht gereicht. Wenn jetzt die Strompreise steigen, ich weiß nicht mehr, wie ich noch duschen soll. Also kalt duschen im Sommer geht ja noch, aber gerade im Winter wird das eine absolute Katastrophe werden."
Die 200 Euro Einmalzahlung aus dem Hilfspaket der Bundesregierung versucht die 40-Jährige so lange wie möglich nicht auszugeben, um für die höheren Strompreise gewappnet zu sein.
"Wir sollten klug und vernünftig mit Wasser umgehen: Die Grundwasservorräte konnten nicht durch den natürlichen Niederschlag aufgefüllt werden", so Bundesumweltministerin Steffi Lemke zum derzeitigen Wasserstand in Deutschland.
Für viele Belastungen immer höher
Andere Betroffene pflichten ihr bei. Hans Röhrig bezieht seit neun Jahren Hartz IV, ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen. Die aktuelle Lage sei inzwischen "sehr kritisch". Er selbst lebe sehr sparsam, merke aber seit zwei Monaten, dass das Geld nicht mehr reicht – am Ende des Geldes bliebe noch Monat übrig:
Heike, die sich ebenfalls an der Protestaktion in Köln beteiligt, ruft: "Ich bin wahnsinnig wütend." Sie bezieht Grundsicherung. Ein Hirninfarkt hat sie vor Jahren erwerbsunfähig gemacht. Ihre Sorge vor den hohen Stromkosten ist groß: "Ich habe ja jetzt schon eine Strompauschale von knapp 60 Euro." In der Grundsicherung steht ihr aber nur eine Pauschale in Höhe von 36 Euro zu – das stünde bereits jetzt nicht in Verhältnis zueinander.
Experte sieht Jobcenter in Pflicht
Arbeitsmarktexperte Jürgen Schupp fordert für die Betroffenen Entlastungen und nimmt auch Behörden in der aktuellen Situation in die Pflicht.
Der Soziologe sieht die Verantwortung auch bei den Jobcentern – wie sie beispielsweise in Einzelfällen mit anstehenden Nachzahlungen umgehen: "Inwieweit sie den Betroffenen Stundungen erlauben und sich dafür einsetzen, dass am Ende nicht der Strom oder sozusagen die Heizung abgestellt werden muss."
Kati aus Köln hofft, dass es bei ihr nicht so weit kommt. Kraft schöpft sie momentan aus ihrem Engagement von #ichBinArmutsbetroffen. Für sie sei durch die Bewegung ein Sozialleben entstanden, das sie so vorher nicht hatte. Den Austausch und die persönlichen Treffen mit anderen Betroffenen genießt sie sehr. Die Sorgen des Alltags lassen sich zwar nicht vergessen, es macht sie aber zumindest ein wenig erträglicher.