Süße oder spektakuläre Tiere werden häufiger erforscht und besser geschützt. Doch was ist mit Arten, die langweilig, unbeliebt oder hässlich sind?
Der Panda ist der Posterboy des Artenschutzes. Als Wappentier des World Wide Fund for Nature (WWF) bringt der tollpatschig wirkende Bär Menschen auf der ganzen Welt zum Spenden. "Das ist eine strategische Überlegung", erklärt Dr. Arnulf Köhncke, Leiter der Abteilung Artenschutz beim WWF Deutschland. "Wir möchten möglichst viele Mittel zum Schutz der Natur zur Verfügung haben und der Panda ist die perfekte Werbefigur. Mit seinem runden Kopf und den großen Augen weckt er in uns Menschen den Beschützerinstinkt."
Die Anstrengungen zur Rettung der Pandas zeigen erste Erfolge: Seit 2016 wird der Große Panda von der Weltnaturschutzunion IUCN nicht mehr als "vom Aussterben bedroht", sondern nur noch als "gefährdet" eingestuft.
Weniger charismatische Tiere haben keine so große Lobby hinter sich - und sterben aus, ohne dass die Öffentlichkeit davon etwas mitbekommt.
Weniger Schutz für unscheinbare Arten wie den Grottenolm
Der Grottenolm zum Beispiel ist eine der am stärksten bedrohten Tierarten Europas - trotzdem kennt ihn kaum jemand. Der augenlose Lurch besticht nicht gerade durch Schönheit, zudem ist sein Lebensraum in unterirdischen Flüssen extrem unzugänglich. Deshalb gibt es bisher kaum wissenschaftliche Erkenntnisse über die Olme. Susanne Holtze, Reproduktionsbiologin am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, verrät:
Und auch Artenschutzgelder fließen eher zu den bekannten Tieren. Der italienische Biologe Stefano Mammola hat die Verteilung von Finanzmitteln aus dem EU-Förderprogramm für Umweltschutzprojekte ("Life") analysiert.
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Das Ergebnis: Rund sechsmal so viele Fördermittel gingen an Projekte mit Wirbeltieren als an solche, die Wirbellose wie Würmer oder Insekten schützen sollten. Somit konnten 23 Prozent aller Wirbeltierarten von dem Fördertopf profitieren, aber gerade einmal 0,06 Prozent der bekannten Wirbellosen.
Auch hässlich, aber wertvoll: Spinnen
Diese Art der Selektion ist gefährlich, warnt Peter Jäger vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum in Frankfurt am Main. Denn nicht nur hübsche Arten sind wichtig für das Funktionieren der Ökosysteme. Der Biologe setzt sich für den Schutz von Wirbellosen ein, die auf der Beliebtheitsskala besonders weit unten stehen: Spinnen.
Doch das allein reicht nicht, um die Menschen für die Gliederfüßer zu begeistern. Deshalb setzt der Arachnologe auf eine andere Strategie: Er benennt neue Spinnenarten nach Prominenten. Berühmte Namenspaten wie David Bowie, Udo Lindenberg und Greta Thunberg sollen den gefährdeten Krabbeltieren die dringend nötige Aufmerksamkeit und Sympathie verschaffen.
Viele Menschen haben Angst vor Spinnen. Der achtbeinigen und nützlichen Krabbeltiere kann man allerdings Herr werden, ohne sie zu töten.
Neuer Fokus auf ganze Ökosysteme gefordert
Publikumslieblinge wie der Panda werden von Naturschützern deshalb häufig als Schirmarten eingesetzt. Von ihrem Schutz sollen auch weniger bekannte Arten profitieren. Dass das jedoch nicht immer funktioniert, legt eine Studie der Fudan-Universität in Shanghai nahe. Darin stellen die Wissenschaftler fest, dass der Panda-Schutz indirekt den Schwund anderer Arten wie dem Kragenbären, dem Chinesischen Serau und dem Moschustier beschleunigt. Denn diese haben andere Ansprüche an ihr Habitat als die bambusliebenden Pandas.
Biodiversitätsexperten raten deshalb, den Erhalt ganzer Ökosysteme statt einzelner Arten in den Fokus zu rücken.
- Weltrettung? Nur mit richtigem Artenschutz
Die Biodiversität hängt am Tropf und wir Menschen mit ihr. Richtiger Artenschutz könnte die Welt retten. Aber nur, wenn sich die Politik mit einer wichtigen Lobby anlegt.