Astronautinnen: Zwei Frauen, eine Mission - der Flug ins All

    Astronautinnen in Ausbildung:Zwei Frauen, eine Mission - der Flug ins All

    Katharina Schuster
    von Katharina Schuster
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    Einmal die Erde als Ganzes sehen, für Suzanna Randall und Insa Thiele-Eich könnte das wahr werden. Einblicke in ihr vielfältiges, aber hartes Training und Sexismus auf der Erde.

    Die Esa sucht seit 2008 erstmals wieder Astronaut*innen und richtet sich mit ihrer Ausschreibung explizit auch an Frauen. Eigentlich konnten sich Interessierte bis letzten Freitag bewerben, die Frist wurde nun aber auf den 18. Juni verlängert.
    Dr. Insa Thiele-Eich und Dr. Suzanna Randall wollten schon immer Astronautin werden. Nun rückt das Weltall in greifbare Nähe. Seit 2017 durchlaufen beide eine Raumfahrtausbildung. Eine von ihnen soll im Rahmen der privaten Initiative "Die Astronautin" spätestens 2022 als erste deutsche Frau zur ISS fliegen.

    Deutsche Männer im All: 11 - Deutsche Frauen: 0

    "Ich freue mich am meisten darauf, die Erde von oben zu sehen", sagt die Astrophysikerin Randall. Reisen ins All sind keineswegs Routine. In der Geschichte der astronautischen Raumfahrt sind im Schnitt nur 21 Menschen pro Jahr ins All geflogen.
    Etwas mehr als 560 Menschen sind es insgesamt, davon flogen 65 Astronautinnen. Im Herbst fliegt mit Matthias Maurer der zwölfte deutsche Mann ins All. Deutsche Frauen sucht man auf der Liste vergeblich. Dabei umkreiste die erste Frau schon 1963 die Erdumlaufbahn, die Russin Walentina Tereschkowa.

    Als einziges Land der Welt haben wir es geschafft, bald zwölf Männer ins All zu schicken und zeitgleich proaktiv nichts dafür getan, dass eine deutsche Frau fliegt. Das ist peinlich!

    Suzanna Randall, angehende Astronautin

    Astronaut*innen im Weltraum 1961-2021
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    Gläserne Decke existiert auch in der Raumfahrt

    Das liege zum großen Teil daran, "dass Astronaut*innen aus dem Bereich Pilot*innen oder Wissenschaftler*innen kommen und da sind Frauen gerade in Deutschland unterrepräsentiert", so Randall. Zudem gebe es wie überall die gläserne Decke: "Frauen trauen sich oft nicht zu, sich als Astronautin zu bewerben."
    Dass die Esa in ihrer aktuellen Ausschreibung Frauen adressiert, geht Randall nicht weit genug. "Es wird proaktiv nichts gemacht, keine Quote eingeführt oder besondere Anreize gesetzt. Da müsste man mehr tun, um das bestehende Ungleichgewicht auszugleichen."

    An alle Mädels: "Alles ist möglich!"

    Wer ins Weltall will, muss ein hartes Training durchlaufen. Tauch- und Flugschein sind Pflicht, Parabelflüge, um die Schwerelosigkeit zu spüren ebenfalls. Dazu kommt: Theorie über Raumfahrtsysteme pauken und das Training für die berüchtigten G-Kräfte in einer Zentrifuge, um den Raketenstart zu simulieren.
    Wissenschaft ist es, für die Randall begeistern will und damit richtet sie sich besonders an Frauen und Mädchen. Für sie sei es ein Kindheitstraum gewesen ins All zu fliegen, wenn auch zunächst ein abstrakter. "Wenn ich mit 12, 13 Jahren gesehen hätte, wo ich jetzt stehe, das hätte ich nicht glauben können."

    Meinem jüngeren Ich und allen Mädels da draußen, die sich vielleicht überlegen Astronautin zu werden, würde ich sagen: Alles ist möglich!

    Suzanna Randall, angehende Astronautin

    Thiele-Eich: Meteorologin, Mutter und bald im All?

    "Was, wenn in einer anderen Galaxie ein Kind in den Nachthimmel unserer Galaxie schaut und wir wüssten beide nichts voneinander?" Diese Frage war es, nach der Insa Thiele-Eich als Kind zu träumen begann. Ganz fern war ihr Traum Astronautin zu werden nicht. Ihr Vater, der Esa-Astronaut Gerhard Thiele, flog 2002 als zehnter deutscher Mann ins All.
    Doch gerade der riet ihr zunächst zur Vorsicht. "Es gab und gibt ganz selten die Möglichkeit sich zu bewerben und deshalb hat mein Vater mir immer schon gesagt, Kind - als Plan B gerne, aber als Plan A brauchst du einen greifbaren Traum auf der Erde", erzählt die 38-Jährige.
    Die angehende Astronautin aus Heidelberg studierte Meteorologie an der Universität Bonn und wurde Klimaforscherin. Dann kam 2016 die Ausschreibung der Initiative "Die Astronautin".

    Nach meiner Auswahl musste ich feststellen, wie wenig gleichberechtigt unsere Gesellschaft in vielen Bereichen tatsächlich noch ist.

    Insa Thiele-Eich, angehende Astronautin

    Die Raumfahrtingenieurin Claudia Kessler gründete 2016 die Initiative "Die Astronautin". Ihr Ziel: "Frauen und Mädchen Mut zu machen, ihre Träume zu verfolgen." Und: "In Deutschland liegen noch keinerlei Forschungsergebnisse aus medizinischen Selbstversuchen zum weiblichen Körper im All vor. Dabei könnte die medizinische Forschung im All signifikante Erkenntnisse zur Frauenmedizin am Boden liefern, von denen Millionen von Frauen profitieren würden." Rund 50 Millionen Euro kostet das Training, der Flug zur ISS und der zehntägige Aufenthalt dort. Unterstützt wird die Initiative bereits von der Firma Airbus und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

    Gender Data Gap auch im Weltall

    "Während unserer Mission werden wir wissenschaftliche Experimente zum weiblichen Körper in der Schwerelosigkeit durchführen", sagt Thiele-Eich. "Da liegen erschreckend wenige Daten vor. Den Gender Data Gap gibt es nicht nur auf der Erde, sondern auch im Weltall."
    Ein Forschungsziel für die geplante Mission ist unter anderem: "In der Schwerelosigkeit lässt bei ungefähr 30 Prozent der Männer die Sehkraft nach. Bei Frauen scheint das bisher nicht der Fall zu sein. Da werden wir weitere Daten sammeln."
    Thiele-Eich ist nicht nur angehende Astronautin, sondern auch Mutter von drei Kindern. Durch ihre Teilnahme an der Astronautinnen-Ausbildung musste sie das erste Mal erfahren, "wieviel Sexismus in unserer Gesellschaft noch existiert".

    Für den ein oder anderen scheint es noch etwas verwunderlich zu sein, dass Frauen oder sogar Mütter ins All fliegen möchten.

    Insa Thiele-Eich, angehende Astronautin

    Elternschaft und das Leben als Astronautin

    Fragen, wie sich ihre Elternschaft mit dem Beruf Astronautin vereinbaren lasse, wundern die Meteorologin. "Interessanterweise ist meinem Vater, der auch Astronaut ist, diese Frage nie gestellt worden", stellt Thiele-Eich fest. Vor allem sei das ein Problem in Deutschland.
    "Von meinen Freund*innen in anderen Ländern kenne ich so etwas nicht." In Deutschland scheine Elternschaft zum Großteil immer noch ein Frauenthema zu sein. Und auch deshalb macht Thiele-Eich klar:

    Wir brauchen die erste deutsche Frau im All, aber auch die zweite, dritte, vierte und fünfte. Damit wir irgendwann gar nicht mehr zählen, weil es normal geworden ist.

    Insa Thiele-Eich, angehende Astronautin

    Der Autorin auf Twitter folgen: kathi_diana7

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