Schweizer Atommüll an deutscher Grenze: Das ist geplant

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    Endlager an deutscher Grenze:Schweizer Atommüll-Lager: Das ist geplant

    09.09.2022 | 13:39
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    Das Schweizer Atommüll-Endlager an der deutschen Grenze ist schon länger beschlossene Sache. Am Montag wollen die Eidgenossen den genauen Standort nennen. Was bisher bekannt ist.

    Tonnen mit Radioaktiv-Zeichen
    Die Schweiz will ein Endlager für Atommüll nahe der deutschen Grenze bauen.
    Quelle: dpa

    Seit die Schweiz die Region an der deutschen Grenze vor Jahren als geologisch beste für ein Atommüll-Endlager auserkoren hat, gehen in Deutschland die Wogen hoch. Eine Gemeinderätin erzürnte sich 2016 in einer Sitzung in Hohentengen: "Die Schweiz beschließt, ihren radioaktiven Müll in der Schweiz zu belassen, und setzt ihn uns Nachbarn fast vor die Füße."
    Am kommenden Montag wird klar, wer in Baden-Württemberg am nächsten am Lager dran liegt - dann nennt die Schweiz den genauen Standort.
    Es geht um drei Regionen: 
    • Jura Ost südöstlich von Bad Säckingen,
    • Nördlich Lägern südlich von Hohentengen
    • Zürich Nordost westlich von Jestetten
    Sie alle liegen nur wenige Kilometer von der Grenze entfernt.

    Warum kommt der Atommüll ins Grenzgebiet?

    Die Schweiz zieht diese Regionen aus geologischen Gründen für ein Endlager in Betracht. Zum einen muss die Erdbebenwahrscheinlichkeit so gering wie möglich sein, zum anderen muss der Stein im Untergrund bestimmte Eigenschaften haben. 
    In der Schweiz eignet sich nur der Opalinuston zur Einlagerung. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) sagt zur Beschaffenheit des Gesteins:

    Der Opalinuston ist dicht, kann allfällige Risse selbst wieder abdichten und bindet radioaktive Teilchen an sich.

    Nagra

    Auf diese Weise schließe er radioaktive Stoffe langfristig ein. "Diese Voraussetzungen gibt es nur im Grenzgebiet."
    Es sei auch in deutschem Interesse, dass die Schweizer Abfälle sicher gelagert werden, sagt Martin Steinebrunner von der Deutschen Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST).

    Wenn der sicherste Ort ein paar Kilometer weg von der Grenze ist, nehmen wir das hin. Es ist ein Zugewinn an Sicherheit, wenn alles eingelagert ist.

    Martin Steinebrunner, Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager

    Wie viel radioaktives Material soll eingelagert werden?

    Die hoch radioaktiven Abfälle aus den seit 1969 betriebenen Atomkraftwerken sowie aus Bereichen wie Medizin, Industrie und Forschung umfassen 9.300 Kubikmeter. Laut Nagra entspricht das dem Volumen von etwa acht Einfamilienhäusern.
    Dazu kommen rund 72.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Die vier noch laufenden Atomkraftwerke dürfen betrieben werden, solange ihre Sicherheit gewährleistet ist. Das kann bis in die 2040er Jahre gehen.

    Wie wird der Atommüll gesichert?

    In dem Lager gibt es technische und natürliche Barrieren, die verhindern sollen, dass Radioaktivität von den Abfällen nach draußen gelangt. Das Material wird in Uranoxid oder Glas eingebettet sowie in dickwandige Behälter aus Stahl oder in Zement verfestigt in Fässer gepackt.
    Die Lagerstollen werden mit Bentonit oder Zementmörtel aufgefüllt. Die Stollen liegen hunderte Meter tief.

    Die benötigte Einschlusszeit beträgt bei hochaktiven Abfällen etwa 200.000 Jahre und bei schwach- und mittelaktiven Abfällen rund 30.000 Jahre

    Nagra

    Wie soll der Transport der Atomabfälle ablaufen?

    Für die Verpackung zur Endlagerung ist eine so genannte Heiße Zelle, ein Hochsicherheitsbau, nötig. Ob der am Zwischenlager für atomare Abfälle in Würenlingen rund 15 Kilometer südlich der deutschen Gemeinde Waldshut-Tiengen entsteht oder näher am Atomendlager, ist noch nicht entschieden.
    Ebenso ist noch unklar, wie das Material auf welcher Strecke transportiert werden soll. Eine diskutierte Variante ist der Transport von Würenlingen nach Norden in die Schweizer Gemeinde Koblenz am Rhein und von dort nach Osten zum Endlager.

    Was sind die Sorgen auf deutscher Seite?

    "Wir haben überall Trinkwasserbrunnen, wir haben Aare und Rhein in der Nähe. Die Frage nach dem Trinkwasserschutz ist eine große Sorge der Bevölkerung", sagt Martin Steinebrunner von der Deutschen Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager (DKST).

    Wann soll der Bau des Endlagers starten?

    Die Nagra will bis 2024 ein Baugesuch einreichen. Danach entscheiden Regierung und Parlament über die Bewilligung. Außerdem kann in der Schweiz eine Volksabstimmung durchgesetzt werden, die voraussichtlich nicht vor 2031 stattfinden würde.
    Die mehrjährige Einlagerung würde dann etwa 2050 beginnen. Das Lager würde dann über einige Jahrzehnte beobachtet. Etwa 2125 soll es endgültig versiegelt werden.

    Wie weit ist Deutschland mit seiner Endlagersuche?

    In Deutschland sind noch 54 Prozent der Fläche als mögliche Standorte ausgewiesen. Betroffen sind fast alle Bundesländer. Die Entscheidung soll auch 2031 fallen, und das Lager soll auch etwa 2050 den Betrieb aufnehmen.
    Quelle: dpa

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