Corona-Leugner Attila Hildmann in Türkei ausfindig gemacht

    Corona-Leugner und Ex-Koch:Attila Hildmann in Türkei ausfindig gemacht

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    Er war einer der führenden Pandemie-Leugner, wird per Haftbefehl gesucht und war abgetaucht. Nun haben Hobbyermittler und der "Stern" Attila Hildmann ausfindig gemacht.

    Attila Hildmann, aufgenommen am 23.05.2020 in Berlin
    Per Haftbefehl gesucht, nun offenbar in der Türkei ausfindig gemacht: Corona-Leugner Attila Hildmann (Archivfoto).
    Quelle: Reuters

    Das Magazin "Stern" hat laut eigenen Angaben den wegen Volksverhetzung gesuchten Verschwörungsideologen Attila Hildmann in der Türkei ausfindig gemacht. Hildmann halte sich demnach in der Stadt Kartepe, etwa eineinhalb Stunden südöstlich von Istanbul, versteckt. Der als Koch bekannt gewordene Hildmann wird per internationalem Haftbefehl gesucht.
    Laut "Stern" wohnt Hildmann seit Sommer dieses Jahres in Kartepe. Zuvor sei er seit Herbst 2021 in dem Küstenort Gömec in der Provinz Balikesir untergekommen.
    Xavier Naidoo
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    Hildmann werden mehrere Straftaten vorgeworfen

    Hildmann war während der Coronakrise als Verschwörungsideologe in Erscheinung getreten. Ihm werden von der deutschen Justiz unter anderem Volksverhetzung und die öffentliche Aufforderung zu Straftaten vorgeworfen.
    Der Rechtsextremismus-Experte Josef Holnburger ordnet Hildmann, der zeitweise mehr als 100.000 Abonnenten auf Telegram hatte, gegenüber ZDFheute so ein:

    Zu Beginn der Corona-Pandemie zählte Hildmann zu einem der reichweitenstärksten Schlagwortgebern und verbreitete antisemitische Verschwörungserzählungen - sowohl im Netz als auch auf Demonstrationsbühnen.

    Josef Holnburger, Center für Monitoring, Analyse und Strategie

    Hobbydetektive "Hildbusters" konfrontierten den Ex-Koch in der Türkei

    Der "Stern" recherchierte eigenen Angaben zufolge seit Mai 2022 zu Hildmanns Aufenthaltsort. Dabei begleitete das Magazin zeitweise eine Gruppe von Hobbydetektiven, die Hildmann schon länger auf der Spur war. Ein Mitglied der selbsternannten "Hildbusters", Alexander Brehm, konfrontierte demnach gemeinsam mit "Stern"-Reportern Hildmann in seinem Versteck. Brehm habe danach unverzüglich das deutsche Generalkonsulat in Istanbul informiert.
    Wie das Magazin weiter berichtete, sammelte Hildmann seit Juni in einem privaten Kanal des Dienstes Telegram rund 200 zahlende Anhänger, von denen viele erkennbar Neonazis seien. Es gebe einen Austausch über NPD-Aufmärsche, einige würden Hildmann als "mein Führer" anreden, Hildmann selbst hetze die Mitglieder auf. So fordere er sie auf, Sport zu treiben und sich für den Kampf vorzubereiten. "Eines Tages müsst ihr euch verteidigen."

    Briefkastenfirma in Berlin?

    Rechtsextremismus-Experte Holnburger analysiert die Hildmann-Anhänger fortlaufend und sagt gegenüber ZDFheute, dass zwar Hildmanns Reichweite gesunken sei. "Dennoch unterstützt ihn ein stark antisemitischer und radikalisierter Kreis mit Spenden und Taten."
    Trotz der Strafverfolgung verkauft Hildmann laut "Stern"-Recherchen weiter seine veganen Lebensmittel in Deutschland; eine Briefkastenfirma aus Berlin sei ihm dabei offenbar behilflich. Der Onlineshop, über den die Waren verkauft werden, werde von einem wegen Volksverhetzung vorbestraften NPD-Mann betrieben.

    Lange Liste an Vorwürfen gegen deutsche Behörden

    Die Kritik an deutschen Behörden reißt in dem Fall nicht ab. Hildmann war zunächst von einem Maulwurf in der IT-Abteilung der Berliner Staatsanwaltschaft über seine drohende Verhaftung gewarnt worden - die Person ist mittlerweile entlassen worden.
    Zudem hatte die Berliner Generalstaatsanwaltschaft lange verlautbart, dass Hildmann neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitzen würde - das hätte eine Auslieferung erschwert. Ein Irrtum, wie sie kürzlich mitteilte. Dabei hatte es schon länger Hinweise gegeben, dass Hildmann nicht türkischer Staatsangehöriger ist - auch vonseiten der privaten Hobbyermittler.
    Extremismus-Experte Holnburger bezeichnet den Fall Hildmann als "Desaster für die deutschen Behörden".

    Der Umstand, dass eine Gruppe an Privatpersonen im Gegensatz zu den Behörden Hildmann ausfindig machen konnte - und auch nach mehrmaligen Hinweisen die Behörden nicht aktiv wurden - ist beschämend.

    Josef Holnburger, Center für Monitoring, Analyse und Strategie

    Hildmann scheint jedoch weiterhin auf freiem Fuß zu sein. Auf Telegram postete er Videos von sich, in denen er auf die Berichterstattung Bezug nimmt. Die federführende Generalstaatsanwaltschaft Berlin wollte sich auf ZDFheute-Nachfrage nicht zu dem Fall äußern.
    Quelle: AFP, ZDF