Am 9. November 1938 brannten Synagogen - die Nationalsozialisten gingen zur offenen Gewalt gegen Jüdinnen und Juden über. Das Auschwitz Komitee wirbt für einen Tag des Gedenkens.
Das Internationale Auschwitz Komitee spricht sich für einen offiziellen Tag des Gedenkens in Deutschland am 9. November aus. "Überlebende des Holocaust teilen natürlich die Freude über den Fall der Mauer am 9. November 1989, aber diese Freude löst die Erinnerungen an den 9. November 1938 nicht ab", sagte Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Größtes Judenpogrom der Neuzeit
Am Abend des 9. November 1938 vollzog sich unter dem NS-Regime in Deutschland der bis dahin größte Judenpogrom der Neuzeit in Mitteleuropa. Es brannten Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden verwüstet und jüdische Bürger misshandelt. Drei Jahre vor Beginn der systematischen Massendeportationen und nach zahlreichen rechtlichen Diskriminierungen erhielt die Verfolgung der Juden mit den Ausschreitungen einen neuen Charakter.
Am 9. November 1938 kommt es zu Gewaltexzessen gegen Juden im gesamten Deutschen Reich.
Die offizielle Bilanz waren rund 7.500 verwüstete Geschäfte, 267 zerstörte Synagogen und Gemeindehäuser sowie 91 Tote. Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass mehr als 1.300 Menschen getötet und mindestens 1.400 Synagogen in Deutschland und Österreich stark beschädigt oder zerstört wurden.
An Zerbrechlichkeit der Demokratie erinnern
Seit dieser Nacht seien Juden in Deutschland "endgültig vogelfrei" gewesen, sagte Heubner.
Der 9. November erinnere daran, dass die Demokratie an der Gleichgültigkeit ihrer Bürgerinnen und Bürger zerbrechen könne und dass sie Menschen brauche, die sie schützen und erhalten wollen. "Deshalb sollte der 9. November auch ein offizieller Tag des Gedenkens werden", sagte Heubner.
Gedenkveranstaltung in Berlin
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will an diesem Dienstag mit einer Gedenkveranstaltung im Berliner Schloss Bellevue an die ambivalente Bedeutung des 9. November erinnern.
Dazu hat er drei Rednerinnen und Redner geladen: die Grünen-Politikerin Emilia Fester, mit 23 Jahren die jüngste Abgeordnete des Bundestags, die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, die vor wenigen Tagen 100 Jahre alt geworden ist, und den ehemalige Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn.