Asperger-Syndrom: Warum mir kommunizieren so schwer fällt

    Mein Leben als Autist:Warum mir kommunizieren so schwer fällt

    von Andreas Croonenbroeck und Nora Mahmoud
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    Schon ein überraschender Telefonanruf kann ihn überfordern. Denn ungeplante Ereignisse in seinem Alltag werfen ihn aus der Bahn. Andreas erzählt, was es bedeutet, Autist zu sein.

    Ein Mann schaut frontal in die Kamera
    Mit einer Autismus-Spektrum-Störung leben: Sehen Sie hier, wie Andreas Croonenbroeck seinen Alltag meistert.31.03.2023 | 5:21 min
    Ich bin Andreas, 46 Jahre alt und Autist. Das Asperger-Syndrom, das bei mir vor knapp zehn Jahren diagnostiziert wurde, gehört zu den Autismus-Spektrum-Störungen. Mein Leben ist anders als das anderer Menschen.

    Autistische Züge schon im Kinderalter

    Schon seit meiner Kindheit war mir bewusst, dass ich anders bin als meine Mitmenschen. Es fiel mir schwer, Mimik und Gestik der anderen richtig zu deuten oder Botschaften "zwischen den Zeilen" zu verstehen.
    Motorisch war ich eher ungeschickt und in der Kontaktaufnahme zu anderen Kindern unbeholfen. Trotz großer Anstrengungen gelang es mir nie, wirkliche Freundschaften aufzubauen. Meine Ungeschicklichkeit im sozialen Umgang führte oft dazu, dass ich ausgenutzt wurde oder Späße auf meine Kosten gemacht wurden. Es fühlte sich so an, als befinde sich zwischen mir und meiner Außenwelt eine unsichtbare Wand.

    Die Autismus-Diagnose als Lösung

    Ich begann früh, unbewusst gegen meine ureigenen Verhaltensweisen anzukämpfen und mich meinem Umfeld anzupassen. Dieses "Maskieren" autistischer Verhaltensweisen kostete mich sehr viel Kraft. Durch die Anstrengungen des Maskierens und dem andauernden Gefühl, nicht dazuzugehören, wuchsen die Selbstzweifel. Ein idealer Nährboden für eine Depression. Die ständig wiederkehrenden depressiven Episoden und zunehmenden Erschöpfungszustände trugen schließlich dazu bei, dass es zur Diagnosestellung kam.
    Die Diagnose war eine große Erleichterung für mich. Sie half mir, rückblickend vieles in meinem Leben besser zu verstehen. Ich konnte nun begreifen, was mich so anstrengt.
    Ich lernte auch, offen mit meiner Andersartigkeit umzugehen und bin mir dessen bewusst, dass autismus-spezifische Verhaltensweisen sich immer nur bis zu einem gewissen Grad verbergen lassen. Heute hoffe ich, dass mich andere so akzeptieren wie ich bin und maskiere viel weniger als früher.



    Von Vielzahl an Sinnesreizen überfordert

    Meine Umwelt nehme ich ungefiltert wahr und bin häufig überfordert von der Vielzahl an Sinnesreizen, die auf mich einströmen. Denn ich empfinde vieles intensiver als andere Menschen: Geräusche, Gerüche, Licht. Meinem Gehirn bleibt kein noch so kleines Detail verborgen und es macht dabei keinen Unterschied, ob sich etwas direkt in meiner Nähe oder viele Meter weiter entfernt abspielt. Es kommt alles in gleicher Intensität bei mir an.
    Durch die Zeit und die Energie, die mein Gehirn dazu benötigt, wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen, brauche ich gerade nach Begegnungen mit anderen Menschen viel Ruhe. Oft hilft dann nur der Rückzug in meine vertraute Umgebung, in der ich sensorische Reize gezielt reduzieren kann. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich nur für mich allein das machen kann, was mir guttut: Musik hören oder Gitarre spielen zum Beispiel.



    Autismus im Job

    Ich arbeite als selbstständiger Designer und Journalist. Im Job kann ich mich auf meine Aufgaben fokussieren, da ich mein eigenes, ruhiges Arbeitsumfeld habe und meine Arbeitszeiten frei einteilen kann.
    Ich kommuniziere bevorzugt über E-Mail. So kann ich meine Antworten genauer abwägen und formulieren, als am Telefon ad-hoc reagieren zu müssen und dabei gleichzeitig Dinge wie Stimme, Betonung und die Aussagen des Anrufers verarbeiten zu müssen.
    "einfach Mensch - Selbstbestimmt leben, auf dem Land": Ludwig Reichstein steht in einem Kuhstall. Er hält in der linken Hand eine Mistgabel und lacht in die Kamera.
    Allein in einer eigenen Wohnung würde er vor die Hunde gehen, davon ist Ludwig Reichstein überzeugt. Er ist im Autismus-Spektrum beeinträchtigt und lebt auf dem Gutshof Hauteroda.06.11.2021 | 15:05 min

    Umgang mit Autisten: Was gibt es zu beachten?

    Ich gehe mit meiner Diagnose offen um. Sie hat mir und anderen geholfen, mich besser zu verstehen. Meine wenigen Freunde und Kollegen wissen, dass ich oft an sozialen Anlässen nicht teilnehmen kann. Sie haben Verständnis dafür, dass ich mich oft Einladungen entziehe oder mich wochenlang nicht bei ihnen melde.
    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Weg zu einer Autismus-Diagnose gerade für Erwachsene oft mühsam und mit einer langen Leidensgeschichte verbunden ist. Deshalb habe ich mir zum Ziel gesetzt, über das Thema Autismus aufzuklären.

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