Auch in Iran erobern Frauen immer mehr Männerberufe. Niloofar und Kiyana kämpften lange um Anerkennung als Automechanikerinnen und motivieren viele Mädchen, es ihnen gleich zu tun.
Perfekt geschminkt und mit blau-weißem Kopftuch erscheint Niloofar Farahmand zu unserem Interview an ihrem Arbeitsplatz, eine Autowerkstatt in der iranischen Hauptstadt Teheran. "Ich fühle mich wie ein Arzt, der einen Patienten behandeln muss, der nicht sprechen und sagen kann, was ihm fehlt", sagt Niloofar. "Ich muss herausfinden, wo das Problem ist und ruhe nicht, bevor ich es gelöst habe."
Diese Neugier und ihr Interesse an der Technik von Automobilen sind es, die sie antreiben. "Wenn mein Auto einen Schaden hatte, wollte ich in der Werkstatt immer wissen, was los ist und wie es repariert werden kann. Aber die Mechaniker haben nur selten geantwortet. Die waren es wohl nicht gewohnt, dass eine Frau solche Fragen stellt", erzählt Niloofar.
Vorurteile während der Ausbildung
Also beschloss sie, es selbst zu lernen und suchte eine Werkstatt, die ihr als Frau die Chance gab, eine Lehre als Automechanikerin zu machen. Vier Jahre ist es jetzt her, dass sie ihr Grafikdesign-Studium abbrach und die Ausbildung begann, die sie wirklich interessierte.
Über die Vorurteile, die ihr dort begegneten, war sie anfangs überrascht. "Die Mechaniker-Kollegen sagten, Frauen hätten hier nichts zu suchen. Die waren der Meinung, Frauen sollten kochen, Kinder bekommen und aufziehen", erzählt Niloofar.
Doch Niloofar hat sich durchgebissen und auch ihre Freundin davon überzeugt, es ihr gleichzutun.
Kundinnenbindung durch Frauen in der Werkstatt gestärkt
Kiyana Yarahmadi ist wie Niloofar ein Autofan, studierte Jura und brach ebenfalls ihr Studium ab, um eine Mechanikerlehre zu machen. "Wir haben beide einiges durchgemacht, bis wir an den Punkt kamen, an dem wir heute sind", sagt Kiyana.
An ihrem jetzigen Arbeitsplatz wird sie von ihrem Chef unterstützt. Und das nicht ganz uneigennützig. "Fast 30 Prozent unserer Kunden sind Frauen", sagt Geschäftsführer Ali Babaei. "Wenn sie Kiyana in der Werkstatt sehen, sind alle sehr erfreut und glücklich." Und fügt hinzu:
Sie arbeite wie ihre männlichen Kollegen, und so werde sie auch behandelt, meint Babaei.
Frauen in Männerberufen: "Selbst Konservative begrüßen es"
Ja, es gäbe viele Konservative in Iran, die sich an lässig getragenen Kopftüchern störten und allzu freizügige Kleidung kritisierten. "Doch selbst diese Konservativen begrüßen es, dass wir Frauen in Berufe gehen, die bisher Männern vorbehalten waren", sagt Niloofar.
Auch ihre Eltern haben sie immer unterstützt. "Wir ermutigen sie, ihre Karriere fortzusetzen, Tabus zu brechen in diesem Land, in dem Frauen immer noch viele Beschränkungen erfahren", sagt Vater Iraj. Und Mutter Parvin meint:
Automechanikerinnen als Vorbilder in iranischen Medien
Niloofar und Kiyana jedenfalls sind in Iran zu Rollenvorbildern geworden. Und darauf sind beide stolz. Iranische Medien berichteten über die ungewöhnlichen Karrieren der jungen Frauen und motivierten viele andere, ebenfalls in technische Berufe zu wechseln. "Einige arbeiten zusammen mit ihren Ehemännern in der Autowerkstatt", sagt Niloofar.
Selbst in kleineren Städten, in denen die Vorurteile immer noch groß seien, wachse die Zahl weiblicher Mechanikerlehrlinge. "Früher dachten die Leute, dass das, was wir machen, etwas Illegales sei", meint die 31-Jährige. Das glaubt heute sicher niemand mehr.
Jörg Brase ist Leiter des ZDF-Studios in Istanbul.