Baldwin-Film: Diese Regeln sollen Waffen-Unfälle verhindern

    Vorfall bei Baldwin-Film:Diese Regeln sollen Waffen-Unfälle verhindern

    Katja Belousova
    von Katja Belousova
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    Eigentlich dürften Unfälle wie beim Film "Rust" mit Alec Baldwin nicht passieren: Denn für Schusswaffen gelten bei Dreharbeiten strenge Sicherheitsvorkehrungen.

    Archiv: Alec Baldwin in einer Spielfilmszene in dem Film Miami Blues
    Alec Baldwin in einer Spielfilmszene in dem Film "Miami Blues".
    Quelle: imago

    Bei Dreharbeiten mit Schauspieler Alec Baldwin ist es in Santa Fe zu einem tragischen Vorfall gekommen: Nachdem der Hollywoodstar eine Requisitenwaffe abfeuerte, starb eine Kamerafrau, der Regisseur des Films wurde verletzt und kam ins Krankenhaus. Das Filmteam des Westerns "Rust" steht unter Schock. Es ist nicht der erste Fall in den USA, bei dem der Gebrauch einer Requisitenwaffe tödlich endet.
    Welche Sicherheitsvorkehrungen werden an deutschen Filmsets getroffen, um solche Unfällen zu verhindern? ZDFheute hat mit zwei Requisiteur*innen über ihre Erfahrung am Set gesprochen. 

    Drei Arten von Waffen am Filmset

    Für Waffen bei Dreharbeiten gelten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Je nach Bedarf, werden in der Regel dreierlei Arten benutzt: 
    Erstens: Schreckschusspistolen. Sie werden verwendet, um Schüsse zu simulieren. Sie sind mit Platzpatronen geladen. Von diesen Waffen geht durchaus eine Gefahr aus, da aus ihnen eine enorme Druckluft herauskommt, mit der man jemanden verletzen oder töten kann. Sie dürfen niemals auf Personen gerichtet werden und beim Abdrücken muss das Filmteam einen deutlichen Sicherheitsabstand halten.
    Für diese Waffen sind zudem ausgebildete Expert*innen zuständig. Sie inspizieren und säubern die Waffen vor jeder Szene und sichern, dass nichts passieren kann. Die Schreckschusspistolen werden von den Expert*innen verwahrt und gesichert, bis sie zum Einsatz kommen. Nur für die jeweilige Szene werden sie an die Schauspieler*innen ausgehändigt. Zudem müssen Waffe und Schreckschussmunition an verschiedenen Orten aufbewahrt werden. 
    Zweitens: Blow-Back-Waffen. Sie werden für optische Schusssimulationen verwendet, da sich der Schlitten bewegt. Sie sind mit Gaskartuschen bestückt, von denen zunächst einmal keine Gefahr ausgeht und haben kein Magazin. 
    Drittens: Theaterwaffen. Sie werden in Szenen verwendet, wenn Waffen gezeigt werden sollen, ohne dass sie schießen. Diese Waffen wurden unbrauchbar gemacht. Sie sind weder schussfähig noch kann man sie laden.  
    Insgesamt gilt der Grundsatz: Waffen, die von Schauspieler*innen für Filme verwendet werden, können nicht mit scharfer Munition geladen werden. Und werden die Waffen nicht benötigt, liegen sie sicher verwahrt. 

    Der Faktor menschliches Versagen

    Bei Film- und Fernsehproduktionen in den USA gibt es ebenfalls strenge Sicherheitsvorkehrungen, wie in einem Interview im März mit der US-Requisiteurin Rebecca Kenyon zu lesen war: Auch in den USA wird mit geschulten Expert*innen und Platzpatronen gearbeitet, Waffen dürfen nicht abgefeuert werden, bevor sie kontrolliert wurden. 
     

    Gummi-, Schaumstoff- und Harzpistolen werden verwendet, um wie echte Waffen auszusehen, ohne dass sie echt sind.

    Rebecca Kenyon, Requisiteurin

    Vor menschlichem Versagen trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ist aber kein Filmset der Welt gewappnet - vor allem wenn Zeit- und Kostendruck ins Spiel kommen.  

    Die Fälle Brandon Lee und Jon-Erik Hexum

    So zu beobachten etwa im berühmten Fall Brandon Lee: Der Sohn von Bruce Lee wurde 1993 beim Dreh des Films "The Crow" vom Fragment einer Pistolenkugelattrappe getroffen, die kurz zuvor für eine Großaufnahme benötigt worden war. Dieses hatte sich offenbar unbemerkt im Lauf der Requisiten-Waffe verklemmt, wurde beim Schuss mit Platzpatronen herausgeschleudert und traf ihn tödlich.
    Dazu kam es, weil aus Zeitnot für einige Schussszenen keine Platzpatronen verwendet wurden, sondern echte Patronen ohne Schießpulver, bei denen jedoch die Zündhütchen nicht entfernt wurden. 
    Blick auf die Bonanza Creek Ranch in der Nähe von Santa Fe, Tatort eines tragischen Unfalls am Filmset mit US-Schauspieler Alec Baldwin.
    Blick auf die Bonanza Creek Ranch in der Nähe von Santa Fe, wo "Rust" gedreht wurde.
    Quelle: dpa

    Zu einem anderen Unfall kam es 1984 beim Dreh der Serie "Cover Up": Wohl aus Langeweile und Frust über Produktionsverzögerungen soll der Schauspieler Jon-Erik Hexum mit einer Requisitenpistole gespielt haben, die eine Platzpatrone enthielt. Als er sich die Waffe an die Schläfe hielt und den Abzug drückte, löste sich eine Platzpatrone und zertrümmerte ein Stück seines Schädels. Er starb an seinen Verletzungen.  

    Was waren die Ursachen für Baldwins Unfall?

    Die Fragen, die sich im Fall Baldwin nun stellen, sind: Wie konnte er mit einer Requisitenwaffe gleich zwei Menschen treffen? Wurden Sicherheitsabstände nicht eingehalten oder die Waffe unsachgemäß gesäubert? Sind in der Waffe - vielleicht aus Zeit- oder Kostendruck - Fragmente anderer Munition verwendet und übersehen worden? Haben sich ungewollt Teile der Waffe oder sonstige Splitter gelöst?  
    Oder hatte Baldwin unwissentlich eine scharfe Waffe in der Hand? Und wenn ja: Wie konnte das trotz aller Sicherheitsvorkehrungen passieren? Diesen Fragen werden die Behörden in New Mexico nachgehen müssen - einem Bundesstaat, dessen Waffenrecht als eines der liberalsten in den USA gilt.  

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