Bandscheibe kaputt: Wann Physiotherapie, wann OP?

    Gegen die Schmerzen:Bandscheibe kaputt: Physiotherapie oder OP?

    von Anja Braunwarth
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    Es kann jedem passieren: ein schmerzhafter Bandscheibenvorfall. Was dann tun? Am Anfang haben konservative Maßnahmen Vorrang. Doch wann kann eine Operation Abhilfe schaffen?

    Eine Frau fasst sich mit den Händen an den schmerzenden Rücken.
    62 Prozent aller Bandscheibenvorfälle betreffen die Lendenwirbelsäule, 36 Prozent die Halswirbelsäule. Vorfälle an der Brustwirbelsäule sind sehr selten.
    Quelle: picture alliance / photothek

    Etwa jeder fünfte Mensch erleidet mindestens einmal in seinem Leben einen Bandscheibenvorfall. Knapp zwei Drittel der Vorfälle betreffen den Bereich der Lendenwirbelsäule. Die häufigste Ursache ist Verschleiß, denn mit zunehmendem Alter werden die Bandscheiben spröder und brüchiger.

    Nicht gleich zum Röntgen

    Typisches Symptom eines Bandscheibenvorfalls an der Lendenwirbelsäule sind Schmerzen im unteren Rücken. Sie werden auch als Lumbalgie bezeichnet und strahlen häufig in die Beine aus. Ausgelöst werden sie durch den Druck des vorgefallenen Gewebes der Bandscheibe auf die Nerven. Auch Sensibilitätsstörungen, wie zum Beispiel Taubheitsgefühle oder Kribbeln, können dadurch entstehen. Im schlimmsten Fall kommt es zu Lähmungen.
    Bei einem akut einsetzenden Rückenschmerz ohne Unfall muss nicht zwangsläufig sofort geröntgt werden. Anders sieht das aus bei Lähmungserscheinungen, sehr starken Schmerzen oder anhaltenden Beschwerden trotz mehrwöchiger Therapie. Dann empfehlen Experten bildgebende Verfahren wie eine Röntgenaufnahme oder eine Computer- beziehungsweise Magnetresonanztomographie. Das gilt auch, wenn der Verdacht auf eine schwerwiegendere Erkrankung besteht.

    Die Bandscheiben liegen zwischen den Wirbeln und fungieren als eine Art Stoßdämpfer. Druck und Stöße auf die Wirbelsäule werden durch sie abgefedert. Sie bestehen aus einem Gallertkern, der von einem faserigen Ring umschlossen wird. Diese Faserhülle wird mit den Jahren rissig und Teile der innenliegenden Gallertmasse können hindurchtreten, das heißt "vorfallen".

    Ein solcher Bandscheibenvorfall, medizinisch Diskusprolaps, kann dann auf die Nerven im Rückenmarkkanal drücken und dadurch Schmerzen und schlimmstenfalls Lähmungen auslösen. Sehr selten sind schwere Verletzungen durch Unfälle für einen Bandscheibenvorfall verantwortlich. 62 Prozent aller Bandscheibenvorfälle betreffen die Lendenwirbelsäule, 36 Prozent die Halswirbelsäule. Vorfälle an der Brustwirbelsäule sind mit zwei Prozent sehr selten.

    Bandscheibenvorfall: Therapie aus mehreren Bausteinen

    Die Behandlung eines Bandscheibenvorfalls erfolgt zunächst konservativ, wenn keine Nervenschädigung mit Lähmungserscheinungen vorliegt. Das Behandlungskonzept setzt sich im Wesentlichen aus Physio-, Schmerz- und Bewegungstherapie zusammen.
    Kommt es binnen sechs bis zwölf Wochen nicht zu einer Besserung der Beschwerden oder verschlechtern sich diese, sollte die Möglichkeit einer Operation geprüft werden.
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    Die operativen Möglichkeiten

    Das Standardverfahren ist die offene mikrochirurgische Entfernung des beschädigten Teils der Bandscheibe. Über einen kleinen Schnitt am Rücken führt der Chirurg ein Mikroskop und das Operationsbesteck ein und kann so die betroffene Stelle gut einsehen und versorgen.
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    Bei einer endoskopischen Operation wird unter Röntgenkontrolle durch einen winzigen Schnitt in der Haut ein kleines, röhrenförmiges Instrument, das Endoskop, eingeführt. Darüber können die Ärzte dann weitere Instrumente an den Ort des Geschehens bringen und vorgefallenes Bandscheibengewebe entfernen.
    Operationen am Bandscheibeninneren: Über eine kleine Punktion der Haut am Rücken entfernen die Chirurgen bei diesem Verfahren Gewebe aus dem Gallertkern der Bandscheibe. Dazu können sie verschiedene Techniken nutzen, zum Beispiel Strom oder Laser. Ziel ist es, den Druck auf die Nerven zu verringern.
    Versteifung von Wirbelkörpern: In einigen Fällen kann eine Versteifung von benachbarten Wirbelkörpern notwendig werden. Dies geschieht zum Beispiel bei einem massiven Vorfall der Bandscheibe mit Einengung des Wirbelkanals, nach Voroperationen oder bei Instabilitäten in der Wirbelsäule. Dabei werden die Wirbelkörper ober- und unterhalb der betroffenen Bandscheibe durch Platten und Schrauben miteinander verbunden und fixiert. Dieses Segment der Wirbelsäule wird damit unbeweglich.

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    Die Erfolgsaussichten einer Bandscheiben-Operation

    Eine Operation führt nicht immer zur völligen oder dauerhaften Beschwerdefreiheit. Etwa fünf Prozent der Patienten leiden danach weiterhin an Schmerzen. Zwischen drei und 18 Prozent erleiden irgendwann einen erneuten Bandscheibenvorfall. Bis zu zehn Prozent müssen erneut operiert werden.

    Obwohl die konservative Therapie gerade bei Bandscheibenvorfällen die erste Wahl ist, hat nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung die Zahl der Bandscheibenoperationen zwischen 2007 und 2015 um rund neun Prozent zugenommen.

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