Atomreaktor Doel 3:Belgien schaltet umstrittenen Meiler ab
24.09.2022 | 06:58
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Einstieg in den Ausstieg: Belgien schaltet den umstrittenen Reaktor Doel 3 dauerhaft ab. Deutsche Atomkraftgegner und Politiker hatten sich jahrelang für das Aus eingesetzt.
Block 3 steht still: Atomkraftwerk im belgischen Doel. (Archivbild)
Quelle: Oliver Berg/dpa/Archivbild
Belgien hat einen umstrittenen Atomreaktor bei Antwerpen dauerhaft vom Netz genommen. Der Meiler Doel 3 liefere seit Freitagabend keinen Strom mehr, sagte eine Sprecherin des Betreibers Engie. Doel 3 wurde vor rund 40 Jahren in Betrieb genommen. Er ist der erste der insgesamt sieben belgischen Reaktoren, der abgeschaltet wird. In den kommenden Stunden und Tagen werde nun die Temperatur des Reaktors reduziert.
Im Block Doel 3 und in einem weiteren Meiler bei Lüttich hatten Experten bereits 2012 tausende Haarrisse in den Reaktordruckbehältern gefunden. Dennoch ließ Belgien die beiden Reaktoren weiterlaufen, ohne die Nachbarländer anzuhören und die Umweltverträglichkeit zu prüfen - widerrechtlich, wie unter anderem der Europäische Gerichtshof urteilte.
Kritik in Deutschland an "Riss-Reaktoren"
Der zweite Pannenreaktor Tihange 2 rund 50 Kilometer Luftlinie von der deutschen Grenze bei Aachen soll bis zum 1. Februar abgeschaltet werden. "Wenn die beiden Meiler vom Netz gehen, wird das NRW sicherer machen", erklärte Landesumweltminister Oliver Krischer (Grüne) in Düsseldorf. Der Grünen-Politiker hatte sich seit Jahren für die Abschaltung der sogenannten "Riss-Reaktoren" eingesetzt.
In Deutschland gibt es seit langem Kritik an den belgischen Kraftwerken aus den 1970er und 80er Jahren. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung haben deswegen in der Vergangenheit wiederholt gefordert, die AKWs stillzulegen.
Ausstieg: Atomkraftgegner skeptisch
Deutsche Atomkraftgegner sehen nun dennoch keinen Grund zum Jubeln. Denn angesichts von Ukraine-Krieg und Energiekrise wird auch in Belgien über die Versorgungssicherheit gestritten. Das ursprüngliche Ausstiegs-Zieldatum 2025 steht auf der Kippe. Walter Schumacher vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie sagt, in seinem Umfeld hätten einige bis zuletzt nicht an die Abschaltung geglaubt.
Wegen der gestiegenen Energiepreise will die Regierung die Reaktoren Tihange 3 und Doel 4 bis mindestens Ende 2035 weiterlaufen lassen, um die Energiesicherheit zu gewährleisten - dies ist aber formal noch nicht beschlossen. In Belgien sicherten die Kernkraftwerke zuletzt rund die Hälfte des Strombedarfs.
Quelle: AFP, dpa
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