"Bella Ciao": Die Hymne der Demonstranten

    Protestlied auch im Iran:"Bella Ciao": Die Hymne der Demonstranten

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    Demonstranten auf der ganzen Welt singen "Bella Ciao" - auch im Iran ist das jahrzehntealte Lied zum Symbol der Proteste gegen das Regime geworden. Doch wo liegen seine Wurzeln?

    Demonstration im Iran
    "Bella Ciao" als Symbol der Proteste in Iran: Eine Solidaritätsdemo am Donnerstag in Madrid.
    Quelle: Reuters

    Ein Lied erklingt auf den Demonstrationszügen dieser Welt: Von der Ukraine über den Iran und bis nach Chile singen Menschen in jüngster Zeit wieder "Bella Ciao", die jahrzehntealte italienische Ode an die Freiheit mit ihrer eingängigen Melodie und ihrem bewegenden Text.
    In den vergangenen Tagen ist "Bella Ciao" vor allem ein Symbol der Proteste gegen den theokratischen Staat im Iran geworden. Menschen drücken damit ihre Solidarität mit denjenigen aus, die auf die Straße gehen, seit die junge Kurdin Mahsa Amini gestorben ist, nachdem die Sittenpolizei sie wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kleiderregeln für Frauen in Polizeigewahrsam genommen hatte.

    Demonstranten rund um den Globus singen "Bella Ciao"

    Auch im Iran selbst ertönt "Bella Ciao" vor allem, seit sich in Online-Netzwerken rasend schnell das Video einer iranischen Sängerin verbreitet hat, die das Lied mit offenem Haar in einer langsamen, besonders emotionalen Version auf Persisch zum Besten gibt.
    Die globale Beliebtheit von "Bella Ciao" hält seit Jahrzehnten an: Demonstranten in New York und Hongkong haben es angestimmt, der italienischstämmige französische Chansonnier Yves Montand, deutsche Liedermacher wie Hannes Wader und Konstantin Wecker oder der US-Sänger Tom Waits haben es mit ihren Interpretationen zu einem Bestandteil der Popkultur werden lassen.
    In jüngster Zeit flammte die Popularität des Liedes dank der vom Streaming-Dienst Netflix produzierten spanischen Serie "Haus des Geldes" erneut auf.

    Wo liegen die Wurzeln von "Bella Ciao"

    Die Erfolgsgeschichte von "Bella Ciao" (Lebe wohl, meine Schöne) hat ihren Ursprung im Zweiten Weltkrieg: Es gilt als die inoffizielle Hymne der italienischen "Resistenza", der antifaschistischen Partisanenbewegung, die ab 1943 die deutschen Besatzer und ihre italienischen Kollaborateure bekämpfte.
    Dabei sei überhaupt nicht bewiesen, dass italienische Widerstandskämpfer jemals "Bella Ciao" gesungen hätten, sagt der Autor Carlo Pestelli, der ein Buch über das Lied geschrieben hat.
    Die Wurzeln des Liedes reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück, auf norditalienische Gesänge über Leidenschaft und verflossene Liebe. "Es ist schwer, seinen Ursprung genau nachzuvollziehen", sagt Pestelli. Das musikalische Motiv von "Bella Ciao" speise sich aus verschiedenen Quellen.

    Autor Pestelli: "Manifest für die Freiheit"

    Sein Text - in dem es um einen nicht näher benannten Invasoren geht und um die Ehre, für die Freiheit zu sterben - machen das Lied zu einem bestens geeigneten Symbol der Solidarität für unterschiedliche Kämpfe. Pestelli unterstreicht aber, dass es "kein kommunistisches Lied" gewesen sei, sondern ein "Manifest für die Freiheit", das "unpolitische Werte" ausdrücke, die jede und jeder verstehen und teilen könne.
    Dass "Bella Ciao" so anhaltenden globalen Erfolg genießt, liegt dem Autor zufolge daran, dass es "einfach zu singen" sei, mit seinem eingängigen Refrain, den auch mitsingen kann, wer kein Italienisch beherrscht.
    Heute ist das Lied wieder auf Versammlungen an den unterschiedlichsten Orten und zu den verschiedensten Anlässen zu hören. Ukrainerinnen und Ukrainer singen "Bella Ciao", während sie sich auf den Kampf gegen die russischen Invasoren vorbereiten. Das Lied wird zur Kurvenhymne englischer Fußballfans und dient als Parole von Klimaschutz-Demonstranten in Sydney und Brüssel.

    "Symbol gegen Unterdrückung"

    In seinem Ursprungsland Italien ist "Bella Ciao" für einen großen Teil der Bevölkerung bis heute eine Art inoffizielle Nationalhymne, die auch 2020 im Land zu hören war - gesungen von den Balkonen, von Menschen im harten Lockdown während der ersten Wochen der Corona-Pandemie.
    Wichtiger als die Geschichte von "Bella Ciao" scheint vielen derer, die das Lied heute verwenden, seine weltweite Symbolkraft zu sein. Masah, eine 29-jährige im Ausland lebende Iranerin, sagte dazu vergangene Woche bei einer Solidaritätsdemonstration für ihre protestierenden Landsleute in Rom: "Das Lied ist im Iran und auf der ganzen Welt sehr beliebt. Es ist ein Symbol gegen Unterdrückung."
    Quelle: von Martina Ucci und Sebastian Heinrich, AFP
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