Der Großbrand im Berliner Grunewald wirft Fragen auf: Warum lagert die Polizei dort 25 Tonnen explosives Material? Der Sprengplatz in der Hauptstadt könnte vor dem Ende stehen.
Der Großbrand auf einem Polizeigelände im Berliner Grunewald dauert an. Seit Donnerstagfrüh brennen dort etwa 1,5 Hektar Wald – und Tonnen an Munition, Bomben und Feuerwerkskörpern. Denn mitten in dem beliebten Naherholungsgebiet liegt der Sprengplatz der Berliner Polizei. Die Einsatzkräfte stellt das vor eine große Herausforderung, an Löschen ist gerade nicht zu denken. Sogar Bergepanzer der Bundeswehr kommen zum Einsatz.
Was hat es mit dem Sprengplatz Grunewald auf sich?
Der Grunewald im Süd-Westen Berlins ist eines der größten Waldgebiete der Hauptstadt. In dessen Mitte liegt der zentrale Sprengplatz des Landes. Wann immer in Berlin explosive Stoffe wie Weltkriegsbomben oder Feuerwerkskörper gefunden oder beschlagnahmt werden, kommen sie zur Vernichtung in den Grunewald. Das ist so seit dem Jahr 1950. Zuletzt sollten dort rund 25 Tonnen an Explosivmitteln unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen zwischenlagern.
Dass dieses Material nicht unmittelbar nach Ankunft im Grunewald vom Kampfmittelräumdienst vernichtet wird, hängt auch mit dem großen Aufwand zusammen. Verschiedene Sprengstoffe haben unterschiedliche Anforderungen und sind einfacher in einem Schwung fachgerecht zu entsorgen. Darum wird oft über Monate Material angesammelt und eigens dafür gebaute Lagerflächen unterhalten. Kontrollierte Sprengungen finden laut Berliner Polizei lediglich zweimal pro Jahr statt.
Warum das Feuer ausbrach, sich ausbreiten konnte und ob dafür möglicherweise Mängel bei Sicherheitskonzepten verantwortlich sind, ist bislang nicht bekannt.
Warum liegt die Einrichtung ausgerechnet im Grunewald?
Der Standort im Grunewald ist rückblickend eine Konsequenz des Kalten Krieges. Der Forst war der einzige Ort in Berlin mit ausreichend Abstand zu Wohngebieten. "Alternative Nutzungsflächen sind in Berlin nicht vorhanden, bzw. nicht genehmigungsfähig", teilte die Berliner Polizei am Donnerstag auf Twitter mit.
Teils wird nun kritisiert, dass Munitionslagerung und -vernichtung in einem Waldgebiet und am Rande eines Naturschutzgebietes grundsätzlich keine gute Idee sei, vor allem in Zeiten von Klimawandel und Trockenheit. Ungewöhnlich ist dieses Zusammentreffen von freier Natur und Sprengstoffen nicht - und auch Brände sind ein bekanntes Problem.
Nach Angaben der Naturschutzorganisation Nabu sind etwa zwei Drittel der 13 großen Bundeswehr-Truppenübungsplätze Teil des EU-weiten Natura 2000-Netzwerks von Naturschutzgebieten – mit einer Gesamtfläche von 150.000 Hektar. Oft funktioniert diese Kombination aus Naturschutz und Militärübungen zum beidseitigen Vorteil, aber auch hier hatte man aber schon mit Großbränden zu kämpfen. Im Herbst 2018 brannten im Emsland 1.000 Hektar Moor in Folge eines Raketentests. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück erhob Anklage wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen Bundeswehr-Mitarbeiter.
Warum kann man den Sprengplatz nicht einfach verlegen?
Im Kalten Krieg war der Standort im Grunewald eine Notwendigkeit, das Feuer offenbart die Nachteile. Die nah gelegene A115-Autobahn und eine Bahnlinie nach Potsdam, beides wichtige Verkehrsadern der Hauptstadt, sind unterbrochen. Den Standort einfach verlegen, kann man jedoch nicht.
Da auf dem Sprengplatz mit Munition und Blindgängern hantiert wird, muss der Betrieb aufwändig genehmigt werden. Ein Berliner Polizeisprecher sprach von acht Hektar Fläche, die für die Lagerung und Vernichtung von Kampfmitteln benötigt würden. "Auch in Brandenburg wurden Flächen geprüft, diese konnten jedoch keine vergleichbaren Lagerkapazitäten bieten", so die Polizei Berlin. Würde Berlin mit seinen Sprengmitteln nach Brandenburg gehen, würde das die Kapazitäten übersteigen.
Wie geht es mit dem Standort Grunewald nun weiter?
Eine Verlegung des Sprengplatzes wäre aufwändig, der aktuelle Großbrand könnte dennoch Bewegung in die Standortfrage bringen. Die CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus machte sich am Donnerstag bereits für eine Schließung stark und wies darauf hin, auch schon in der Vergangenheit eine Schließung gefordert zu haben.
Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zeigte sich gesprächsbereit. "Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit diesem Sprengplatz umgehen und ob auf Berliner Stadtgebiet ein solcher Ort der richtige ist", so Giffey nach einem Besuch am Brandort. Sie wolle mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Möglichkeiten zur Kooperation beraten.
Alle aktuellen Informationen zum Großbrand und seinen Auswirkungen auf Berlin lesen Sie in diesem Artikel:
- Berliner Feuerwehr kann Löscharbeiten starten
Im Berliner Grunewald brennt es weiter. Auf einem Sprengplatz gelagerte Munition und Feuerwerkskörper detonieren. Nach Stunden kann die Feuerwehr mit dem Löschen beginnen.