Freunde sagen, er wirke wie ein Sektenführer. Sein Mitbewohner rettet ihm das Leben. Liam hat eine Bipolare Störung. Heute führt er ein normales Leben - aber es kann wiederkommen.
Liam Bockius* war sich sicher, er muss diesen Schritt tun. Diesen mutigen Schritt, um das nächste Level zu erreichen, die reale Welt. Diesen Schritt runter vom Balkon. "Der Sturz hätte tödlich geendet", sagt Liam heute. Sein damaliger Mitbewohner hielt ihn auf, rief den Notarzt, sieben Wochen Psychiatrie. Diagnose: Bipolare Störung mit Psychose. Das ist fünf Jahre her, seitdem hatte der heute 30-Jährige keine manische Phase mehr. Aber wer einmal eine hatte, gilt als bipolar. Denn es kann immer wieder kommen.
Lange Gespräche wie ein Sektenführer
Aber Liam weiß jetzt, wie es sich anfühlt, wie eine bipolare Störung beginnt. "Es war ein langsames Rübergleiten - ich habe weniger Schlaf gebraucht, war sehr aktiv, sehr selbstbewusst, sehr kontaktfreudig", erzählt er. Freunde hätten die Veränderung bemerkt, aber erstmal nicht negativ gefunden. "Ich habe unglaublich viel geredet - bis es dann ein bisschen drüber war."
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Liam fing an, lange mit Freunden und Bekannten zu telefonieren. Er erklärte seine Erkenntnisse, redete auf sie ein: Dass alles eins ist, dass alle auf einer anderen Bewusstseinsebene miteinander verbunden sind, auf die es zu gelangen gelte - man könne in Gedanken miteinander kommunizieren, Sprache brauche es dazu nicht.
"Ich war sehr überzeugend - wie ein Sektenführer", hätten seine Freunde damals gesagt. "Man fühlt alles so stark und glaubt so richtig an das, was man sagt", beschreibt es Liam. Zwei Wochen ging das so, bis es "wirklich verrückt" wurde, und er überzeugt war, nicht mehr in der realen Welt zu sein. Liam sagt:
Hohes Selbsttötungsrisiko
Bei Liam folgte auf die Manie später die Depression. "Ich konnte zwar noch alles machen, war aber sehr niedergeschlagen, habe viel rumgelegen und hatte gar kein Selbstbewusstsein", erzählt er. "Es ist das genaue Gegenteil."
Patienten mit einer Bipolaren Störung gehören in der Psychiatrie zu denjenigen mit dem höchsten Selbsttötungsrisiko, sagt Harald Scherk, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störung (DGBS). "In der Manie neigt man zu riskantem Verhalten und impulsartigen Gedanken - und hat die Energie, diese umzusetzen." In der depressiven Phase fehle diese Energie zwar, Suizidgedanken seien aber häufig.
"Die Bipolare Störung ist schwierig in den verschiedenen Phasen der Selbstmordgefährdung", sagt Scherk. "Aber man kann es gut behandeln und ein weitgehend normales Leben führen."
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Keine Tabletten, viel Selbstreflexion
Es folgten drei Tage auf der geschlossenen Station, sieben Wochen in der offenen Psychiatrie. Nach anderthalb Jahren setzte er die Medikamente auf eigenen Wunsch ab. "Ich wollte nicht täglich daran erinnert werden, dass ich krank bin", sagt er. Er spricht jedoch regelmäßig mit einem Psychiater.
Ansonsten führt er ein normales Leben. "Man muss sich gut selbst verstehen und seine Stressmuster sehr gut kennen", sagt Liam Bockius. Sehr negative, aber auch sehr positive Ereignisse könnten Auslöser sein. Dazu gehört zum Beispiel auch die Geburt eines Kindes. "Auch Euphorie kann gefährlich werden - man muss sehr gut auf sich aufpassen", sagt er. Dazu gehört im Alltag zum Beispiel genügend und regelmäßiger Schlaf.
Betroffene suchen selten Hilfe
Liam mag den Begriff "Krankheit" deshalb nicht - er fühlt sich trotz der Diagnose nicht lebenslang krank. "Das Gehirn tickt einfach etwas anders,und das muss man wissen."
Und während er in einer depressiven Phase wenig Gutes erkennen kann, sei man in einer manischen eben sehr kreativ und fühle sich erstmal großartig. "Es ist als Betroffener deshalb gerade beim ersten Auftreten sehr schwer einzuschätzen und sich Hilfe zu holen", sagt er. Die Gefahr sei:
Gut absprechen mit Angehörigen
Manche Betroffenen erleben erst Jahre später wieder eine Krankheitsphase. Warum das so ist, wisse man nicht immer, sagt Harald Scherk. "Allerdings ist erwiesen, dass eine geregelte Lebensführung mit gleichen Rhythmen helfen, während Stress und Schlafmangel die Phasen auslösen können." Ansonsten seien bipolare Störungen häufig genetisch vermittelt, sagt Scherk. Auch bei Liam Bockius hatte der Vater manische und depressive Phasen.
Es sei zudem gut, mit Angehörigen über Symptome zu sprechen. "Zum Beispiel zu wenig Schlaf oder wenn der andere plötzlich auf die Idee kommt, die Wohnung umzuräumen", erklärt Scherk. "Da sollte man dann absprechen, dass der oder die Angehörige sagt: 'Du bist gerade zu gut drauf, willst du nicht zum Arzt gehen?'".
*Name von der Redaktion geändert
- "Mehr Empathie für Patienten"
Astrid Freisen leitet das Referat für Betroffene Profis. Warum der Austausch so wichtig ist und wie sie mit ihrer Bipolaren Störung lebt und arbeitet, erzählt sie im Interview.
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