Die früheren Fußballfunktionäre Joseph Blatter und Michel Platini sind im Prozess um eine dubiose Millionenzahlung vom Schweizer Bundesstrafgericht freigesprochen worden.
Als der Gerichtsschreiber um 10.03 Uhr nach Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten durch die Vorsitzende Richterin Joséphine Contu-Albrizio die Urteile und damit die Freisprüche gegen Joseph Blatter und Michel Platini verliest, ist die Erleichterung beim 86-jährigen Ex-FIFA Chef und dem 67-jährigen Ex-UEFA-Chef spürbar.
FIFA mit Nebenklage gescheitert
Ernste Gesichter dagegen bei der Rechtsvertreterin der FIFA - der Weltfußballverband war als Privatkläger in diesem Strafverfahren aufgelaufen. Und bei den Anklägern, der schweizerischen Bundesanwaltschaft. Die hatten in ihren Schlussvorträgen noch Bewährungsstrafen von jeweils einem Jahr und acht Monaten gefordert.
Und für Michel Platini forderten die Ankläger in ihrem Schlussplädoyer noch eine Geldstrafe von 2,2 Millionen Schweizer Franken (rund 2,1 Millionen Euro ) - als Quittung für die einst erhaltenen zwei Millionen Schweizer Franken wegen einer Beratertätigkeit für die FIFA im Zeitraum von 1998 bis 2002 und zusätzlich angefallenen Sozialversicherungsbeiträge dafür in Höhe von rund 200.000 Schweizer Franken.
Freispruch und Entschädigung
Doch das Gegenteil ist der Fall. Die einbehaltene Summe ist an Michel Platini auszuzahlen, verliest der Gerichtsschreiber. Und Blatter sowie Platini bekommen Entschädigungen für die jahrelangen Strafermittlungen; für Blatter sind es 103.000 Schweizer Franken, und an Platini werden 143.000 Franken ausbezahlt.
- Blatter und Platini auf der Anklagebank
Vor dem Bundesstrafgericht im schweizerischen Bellinzona hat der Prozess gegen die früheren Fußball-Spitzenfunktionäre Blatter und Platini begonnen. Der Start war holprig.
Es sind klare Freisprüche - ohne Wenn und Aber, das macht die Vorsitzende Richterin in ihrer gut einstündigen mündlichen Entscheidverkündung (wie es ist in der Schweiz heißt) deutlich.
Aber sie unterstreicht zu Beginn ihrer Ausführungen auch den Anfangsverdacht, den die Anklagebehörde haben durfte, nachdem terabyteweise Akten im Frühjahr 2015 in den Räumen der FIFA sichergestellt wurden. Da gab es diesen Zahlungsvorgang im Jahr 2011 über zwei Millionen Schweizer Franken Beratertätigkeit, den Joseph Blatter gegenüber Michel Platini veranlasst hatte. Dem durften, ja mussten, die Ankläger nachgehen.
Die Schlussfolgerungen der Strafkammer
Doch die Schlussfolgerungen, die die dreiköpfige Strafkammer aus der ausführlichen knapp vierzehntägigen Beweisaufnahme am Ende zogen, waren andere. Zentraler Satz der Urteilsbegründung:
Für das Gericht hat es einen mündlich geschlossenen Beratervertrag zwischen Joseph Blatter und Michel Platini gegeben, führt die Vorsitzende Contu-Albrizio aus. Hier war auch ein jährliches Salär vereinbart worden, das Platini zwar spät, aber zu Recht einforderte. Das Geld habe Platini zugestanden aus seiner jahrelangen Beratertätigkeit für die FIFA.
Dass Forderung und Bezahlung in Ordnung waren, ergebe sich auch aus den deutlichen Zeugenaussagen im Prozess; da hätten besonders die Finanzverwaltungsmitarbeiter der FIFA keinerlei Unregelmäßigkeiten gesehen und außerdem sei 2011, als Platinis Forderung längst erhoben worden war, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG bei der FIFA und erkannte nichts Unregelmäßiges.
Blatter zufrieden, Platini will weiterkämpfen
Für Blatter bedeutet das Urteil ein Abschluss nach siebenjähriger Ungewissheit:
Platini wird trotz des Freispruchs weiter juristisch vorgehen. Denn die Strafkammer hat die Beteiligten für weitere mögliche Ansprüche an die Zivilgerichte verwiesen. Platini ließ über seinen Anwalt mitteilen:
Er "werde nicht lockerlassen und auf der Suche nach der Wahrheit bis zum Ende gehen." Damit spielt Platini auf viele Merkwürdigkeiten der eidgenössischen Ermittlungen an, die europaweit hohe Wellen schlugen. Die einstigen Kontakte des aktuellen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino zu einzelnen Juristen in und um die Bundesanwaltschaft, Geheimtreffen, nicht protokollierte, am Ende gar vergessene Gespräche.
Bundesanwaltschaft und FIFA ließen offen, ob sie gegen die Urteile Berufung einlegen; zunächst müsse man die schriftlichen Urteilsgründe abwarten.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Redaktion Recht & Justiz. Er hat den Prozess im schweizerischen Bellinzona verfolgt.