Kunst und Kultur distanzieren sich von Putin. "Wir müssen ein Zeichen setzen", heißt es vom Deutschen Kulturrat. Aber bringt das was?
"Der von Russland begonnene Krieg gegen die Ukraine ist eine Schande." Mit diesen scharfen Worten haben sich zahlreiche prominente Russen in einer Erklärung gegen Wladimir Putin und den Angriff ihres Landes auf die Ukraine gewandt. "Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einem Aggressor-Staat leben", heißt es weiter.
Neben dem Swift-Ausschluss und dem Verbot russischer Staatsmedien kommen auch immer mehr Konsequenzen aus der Kultur-Szene dazu. So verlor der russische Star-Dirigent Waleri Gergijew wegen seiner Freundschaft zum russischen Machthaber seinen Job als Chef der Münchner Philharmoniker. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) entließ den 68-Jährigen am Dienstag mit sofortiger Wirkung.
In der Fußball-Welt sorgte die Ankündigung, dass FIFA und UEFA Russland vom internationalen Fußball ausschließen, derweil für Aufregung. Und auch auf der lokalen Ebene soll ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine gesetzt werden: Städte wie Baden-Baden und Kassel lassen ihre Städtepartnerschaften mit Russland ruhen oder setzen sie ganz aus.
Wichtige Außenwirkung
Gerade angesichts der noch fehlenden öffentlichen Reaktion in Russland auf die militärische Aggression seien solche Statements wichtig, sagt Ulrich Schmid, Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands an der School of Humanities and Social Sciences im schweizerischen St. Gallen.
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"Putin will keine Diktatur wie Stalin errichten, eher eine postmoderne Diktatur, für ihn ist Soft Power sehr wichtig. Das hat man beispielsweise auch bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi gesehen", so Schmid. Es habe Putin sehr geärgert, dass die westlichen Medien nur über die Korruption berichteten, denn er sei sehr stolz auf die Veranstaltung und die sportlichen Leistungen gewesen.
Also setzen ihn die Boykotte aus der Kultur-Szene unter Druck? "Ein Putin lässt sich nicht unter Druck setzen, er hat sich so sehr in sein Projekt hineingesteigert, dass ihm mittlerweile die Kosten egal sind", sagt Schmid.
Viele Kulturschaffende in Halbemigration
Schon seit der Annexion der Krim und der Destabilisierung der Ostukraine im Jahr 2014 habe Putin die Unterstützung der meisten berühmten Schriftsteller verloren, sagt Schmid. Viele lebten in einer Halbemigration und pendelten zwischen Russland und Westeuropa.
Doch gebracht habe dieser offene, politische Boykott schon damals wenig.
Kulturrat: Einfluss nicht überhöhen
Welche Rolle hat die Kultur also? Welchen Zweck hat die Verurteilung der Kultur-Schaffenden? "Es handelt sich hier um einen brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine, der in keinster Weise zu rechtfertigen ist. Da ist auch mit Recht zu erwarten, dass Künstlerinnen und Künstler das als das bezeichnen, was es ist", sagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates.
Man dürfe den Einfluss der Kultur auch nicht überhöhen. "Kunst und Kultur können diesen Krieg nicht beenden, aber sie können dazu beitragen, eine Verbindung zwischen Menschen und einen Dialog zu ermöglichen."
Preußen-Stiftung: "Können nicht unpolitisch bleiben"
Das sieht auch Hermann Parzinger so, er ist seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und hat über 27 Jahre Berufserfahrung mit und in Russland. "Ich glaube, in so einer Situation, in der Putin solch einen brutalen Angriffskrieg gestartet hat und Menschen sterben, können wir nicht unpolitisch bleiben", so Parzinger.
Es sei wichtig, den Völkerrechtsbruch der russischen Politik und die militärischen Angriffe zu verurteilen, aber trotzdem müsse man die russische Zivilbevölkerung stärken und Brücken zwischen den Gesellschaften bauen. Auf der unpolitischen, persönlichen Ebene müsse man weiter den Kontakt zu den Menschen dort halten, ist Parzinger überzeugt.
Er warnt davor, Feindbilder aufzubauen. Ein Gergijew, der sich auch auf Nachfrage nicht von Putins Angriffskrieg distanziert, müsse dann eben mit Konsequenzen rechnen. Aber: "Nicht jeder, der nicht demonstriert, ist automatisch mit der Politik Putins einverstanden."
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