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Ukraine-Krieg : Was bringt ein Boykott russischer Kultur?

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Kunst und Kultur distanzieren sich von Putin. "Wir müssen ein Zeichen setzen", heißt es vom Deutschen Kulturrat. Aber bringt das was?

Dirigent Waleri Gergijew, aufgenommen am 08.10.2021
Dirigent Waleri Gergijew wurde in München wegen seiner Nähe zu Putin entlassen(Archivfoto)
Quelle: dpa

"Der von Russland begonnene Krieg gegen die Ukraine ist eine Schande." Mit diesen scharfen Worten haben sich zahlreiche prominente Russen in einer Erklärung gegen Wladimir Putin und den Angriff ihres Landes auf die Ukraine gewandt. "Wir wollen nicht, dass unsere Kinder in einem Aggressor-Staat leben", heißt es weiter.

Neben dem Swift-Ausschluss und dem Verbot russischer Staatsmedien kommen auch immer mehr Konsequenzen aus der Kultur-Szene dazu. So verlor der russische Star-Dirigent Waleri Gergijew wegen seiner Freundschaft zum russischen Machthaber seinen Job als Chef der Münchner Philharmoniker. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) entließ den 68-Jährigen am Dienstag mit sofortiger Wirkung.

Ich hätte mir erwartet, dass er seine sehr positive Einschätzung des russischen Machthabers überdenkt und revidiert. Das hat er nicht getan.
Dieter Reiter, Oberbürgermeister von München

In der Fußball-Welt sorgte die Ankündigung, dass FIFA und UEFA Russland vom internationalen Fußball ausschließen, derweil für Aufregung. Und auch auf der lokalen Ebene soll ein Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine gesetzt werden: Städte wie Baden-Baden und Kassel lassen ihre Städtepartnerschaften mit Russland ruhen oder setzen sie ganz aus.

Wichtige Außenwirkung

Gerade angesichts der noch fehlenden öffentlichen Reaktion in Russland auf die militärische Aggression seien solche Statements wichtig, sagt Ulrich Schmid, Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands an der School of Humanities and Social Sciences im schweizerischen St. Gallen.

Von ihnen geht eine Signalwirkung aus. Russland will ja nicht nur eine Großmacht sein, sondern auch auf der internationalen Bühne durch Soft Power beeindrucken.
Ulrich Schmid, Professor für Kultur und Gesellschaft Russlands

"Putin will keine Diktatur wie Stalin errichten, eher eine postmoderne Diktatur, für ihn ist Soft Power sehr wichtig. Das hat man beispielsweise auch bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi gesehen", so Schmid. Es habe Putin sehr geärgert, dass die westlichen Medien nur über die Korruption berichteten, denn er sei sehr stolz auf die Veranstaltung und die sportlichen Leistungen gewesen.

Die Außenwirkung bedeutet Putin viel, er möchte Russland gerne als weltoffenes Land präsentieren.
Ulrich Schmid

Also setzen ihn die Boykotte aus der Kultur-Szene unter Druck? "Ein Putin lässt sich nicht unter Druck setzen, er hat sich so sehr in sein Projekt hineingesteigert, dass ihm mittlerweile die Kosten egal sind", sagt Schmid.

Auch die Schriftstellerinnen und Schriftsteller glauben nicht daran, dass sie Einfluss auf ihn hätten. Für sie ist es nur noch ein weiterer Eskalationsschritt, sie haben schon lange mit dem Regime gebrochen.
Ulrich Schmid

Viele Kulturschaffende in Halbemigration

Schon seit der Annexion der Krim und der Destabilisierung der Ostukraine im Jahr 2014 habe Putin die Unterstützung der meisten berühmten Schriftsteller verloren, sagt Schmid. Viele lebten in einer Halbemigration und pendelten zwischen Russland und Westeuropa.

Doch gebracht habe dieser offene, politische Boykott schon damals wenig.

Das sind so große ideologische Projekte von Putin, da lässt er sich von niemandem beeinflussen.
Ulrich Schmid

Kulturrat: Einfluss nicht überhöhen

Welche Rolle hat die Kultur also? Welchen Zweck hat die Verurteilung der Kultur-Schaffenden? "Es handelt sich hier um einen brutalen Überfall Russlands auf die Ukraine, der in keinster Weise zu rechtfertigen ist. Da ist auch mit Recht zu erwarten, dass Künstlerinnen und Künstler das als das bezeichnen, was es ist", sagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates.

Es ist ein deutliches Zeichen, das man setzen muss, aber wir müssen auch ehrlich mit uns sein: Das wird auch nicht helfen, den Frieden zu erreichen.
Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat

Man dürfe den Einfluss der Kultur auch nicht überhöhen. "Kunst und Kultur können diesen Krieg nicht beenden, aber sie können dazu beitragen, eine Verbindung zwischen Menschen und einen Dialog zu ermöglichen."

Preußen-Stiftung: "Können nicht unpolitisch bleiben"

Das sieht auch Hermann Parzinger so, er ist seit 2008 Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und hat über 27 Jahre Berufserfahrung mit und in Russland. "Ich glaube, in so einer Situation, in der Putin solch einen brutalen Angriffskrieg gestartet hat und Menschen sterben, können wir nicht unpolitisch bleiben", so Parzinger.

Der Boykott wird Putin wahrscheinlich nicht nachhaltig beeindrucken, aber man kann nicht einfach so tun, als wäre nichts.
Hermann Parzinger, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Es sei wichtig, den Völkerrechtsbruch der russischen Politik und die militärischen Angriffe zu verurteilen, aber trotzdem müsse man die russische Zivilbevölkerung stärken und Brücken zwischen den Gesellschaften bauen. Auf der unpolitischen, persönlichen Ebene müsse man weiter den Kontakt zu den Menschen dort halten, ist Parzinger überzeugt.

Er warnt davor, Feindbilder aufzubauen. Ein Gergijew, der sich auch auf Nachfrage nicht von Putins Angriffskrieg distanziert, müsse dann eben mit Konsequenzen rechnen. Aber: "Nicht jeder, der nicht demonstriert, ist automatisch mit der Politik Putins einverstanden."

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