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Brandanschlag mit Todesopfer : Saarlouis: Aufklärung nach Jahrzehnten?

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Im September 1991 starb Samuel Yeboah bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Saarlouis. Gegen den tatverdächtigen Neonazi Peter S. hat nun der Prozess begonnen.

1991 starb der Ghanaer Samuel Yeboah durch einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis. Heute startet der Prozess gegen einen Tatverdächtigen aus der Neonaziszene.

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Das Feuer hatte den damals 27-jährigen ghanaischen Staatsbürger Samuel Yeboah in den frühen Morgenstunden des 19. September 1991 im Dachgeschoss des Gebäudes in Saarlouis erfasst. Er starb noch am selben Tag an schweren Verbrennungen und einer Rauchvergiftung.

Zwei Bewohner der Asylbewerberunterkunft hatten sich bei Sprüngen aus dem Fenster mehrere Knochenbrüche zugezogen. Weitere 18 Menschen konnten sich über Feuerleitern und Balkone unverletzt in Sicherheit bringen.

Mehr als 30 Jahre nach dem Anschlag hat nun der Prozess vor dem Oberlandesgericht Koblenz gegen Peter S., den mutmaßlichen Täter von damals, begonnen. Aus rassistischen Gründen soll er den Brand im Treppenhaus des Wohnheims gelegt haben, so die Anklage der Bundesanwaltschaft. Mord und versuchter Mord in 20 Fällen sowie Brandstiftung mit Todesfolge lautet der Vorwurf.

Staatsanwaltschaft: Brand aus rassistischem Motiv gelegt

Bei der Verlesung der Anklage sagte Oberstaatsanwältin Sophie Gößl mit Blick auf ein Treffen des Angeklagten mit Gesinnungsgenossen am Vorabend der Tat, dass einer von ihnen geäußert habe, dass "hier auch mal so etwas brennen müsste". Nach Schließung der Kneipe am frühen Morgen des 19. Septembers sei S. in die Asylbewerberunterkunft gegangen, "um dort aus seiner rechtsextremistischen und rassistischen Gesinnung heraus einen Brand zu legen".

Der Angeklagte bestreitet laut seinem Anwalt Guido Britz die Vorwürfe. "Das Ziel der Verteidigung ist ein Freispruch", sagte der Jurist am Rande des Prozesses. Es gebe bis heute Anhaltspunkte, die auf andere Menschen als Täter hindeuteten.

Im September 1991 starb Samuel Yeboah bei einem Feuer auf eine Asylbewerberunterkunft. Erst jetzt wurde Anklage erhoben. Der Verdächtige soll aus rassistischen Gründen gehandelt haben.

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Bundesanwaltschaft greift Ermittlungen nach 30 Jahren wieder auf

Der mittlerweile 51-jährige Angeklagte war in der damaligen saarländischen Nazi-Szene eine bekannte Größe. Er geriet schon früh ins Ziel der Ermittlungen. Doch die wurden nach nur elf Monaten zunächst eingestellt.

Erst 2020 hatte die Bundesanwaltschaft den Fall übernommen und die Ermittlungsarbeit wieder aufgenommen. Neue Hinweise hatten den Verdacht eines rechtsextremistischen Anschlags erhärten lassen.

Nach Medienberichten soll der mutmaßliche Täter bei einem Grillfest mit der Tat geprahlt haben. Eine Zeugin meldete sich später bei der Polizei. Insgesamt sollen rund 150 Personen zu dem Anschlag vernommen worden sein. Peter S. befindet sich seit April 2022 in Untersuchungshaft.

Saarland: Serie von Anschlägen

Die Tat reiht sich in eine ganze Serie von Brandanschlägen und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in der Region. In den Jahren 1991 und 1992 waren Asylbewerberheime nach Angaben der Stadt Saarlouis allein im Stadtgebiet fünfmal Ziel von Anschlägen.

Darüber hinaus gab es noch weitere Fälle im Saarland mit ähnlichem Hintergrund, bis hin zum Bombenanschlag auf die Wehrmachtsausstellung in Saarbrücken im Jahr 1999. Keine der Taten wurde bislang aufgeklärt.

"Staatsversagen erinnert an den NSU"

Kritiker werfen den saarländischen Behörden vor, die politische Dimension der Anschläge und die Gefahr rechtsextremer Strukturen lange unterschätzt zu haben. Die Stadt Saarlouis hält sich bis heute damit zurück, die Tat als rechtsextremen Anschlag einzuordnen.

Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration

Nachrichten | Thema - Rechtsextremismus 

Vom NSU-Terror über die Morde an Lübcke und in Hanau bis zu den Reichsbürgern: Rechtsextremismus ist eine große Gefahr. Wie die AfD zu ihm in Verbindung steh...

"Das Staatsversagen erinnert an den NSU", sagt Roland Röder von der Aktion 3. Welt Saar dem ZDF. Er engagiert sich gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren dafür, dass der Fall nicht in Vergessenheit gerät. Mit Gedenkveranstaltungen hatten sie immer wieder an die Opfer rechter Gewalt erinnert.

Röder hofft auf Aufklärung - nicht nur über die Tat selbst, sondern auch über die Frage, warum die Ermittlungsbehörden damals den Hinweisen auf einen rechtsextremen Hintergrund nicht intensiver nachgegangen waren:

Nach Jahren des Schweigens und Leugnens erwarten wir von der aktuellen saarländischen Landesregierung, dass sie dafür Verantwortung übernimmt und einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzt.
Roland Röder, Aktion 3. Welt Saar

Landespolizeipräsident spricht von Defiziten

Die saarländische Polizei räumt mittlerweile Fehler ein. Landespolizeipräsident Norbert Rupp hat sich für die Fehlleistungen vor rund 30 Jahren entschuldigt. Eine Arbeitsgruppe soll Defizite aufklären. Doch die Fehleranalyse wird noch Zeit in Anspruch nehmen. Unter anderem konnten damals beteiligte Beamte aufgrund der aktuellen Ermittlungen noch nicht befragt werden.

Für die gerichtliche Aufarbeitung des Falls vor dem Oberlandesgericht Koblenz sind bislang neun Verhandlungstage angesetzt. Ob die für eine Aufklärung ausreichen, bleibt abzuwarten.

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