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Frankfurter Buchmesse:Verleger und Händler stehen unter Druck
von Isabel de la Vega
20.10.2022 | 13:45
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Die Frankfurter Buchmesse ist eröffnet, doch statt Freude machen sich bei Händlern und Verlegern Sorgen breit. Inflation und Papiermangel drücken die Stimmung.
Quelle: dpa
Lothar Wekel ist seit über 30 Jahren Verleger und fürchtet, dass die Branche in eine Krise schlittert, die das Literaturangebot in Deutschland verändern wird. Es sind die gestiegenen Kosten, mit denen vor allem die Verleger jenseits der großen Monopolisten zu kämpfen haben.
Die Preise für den Druck eines Buches haben sich verdoppelt.
Lothar Wekel, Verleger
Und diese Mehrkosten könnten nicht bis an die Ladentheke weitergegeben werden: "Der Leser, der Kunde, der Liebhaber kann doch nicht das Doppelte bezahlen, was er bislang gewohnt war. Wenn ich sage, ich brauche aber das Doppelte, wird er sagen: Tut mir leid, das kaufe ich nicht. Dann nehme ich vielleicht ein E-Book oder ich geh ins Streaming."
Papiermangel macht der Branche zu schaffen
Und so geraten Verleger durch gestiegene Lohnkosten, Energiepreise, und vor allem den Papiermangel auf der einen Seite und durch die Konkurrenz digitaler Angebote auf der anderen Seite unter Druck.
Pessimistisch macht auch Henner Stavenow, Geschäftsführer der Druckerei Zeidler in Wiesbaden, vor allem eines: das Thema Papier. Die Preise für den Rohstoff der Literatur sind exorbitant gestiegen - wenn die Engpässe überhaupt Lieferungen ermöglichen. "Die Papierproduzenten haben gemerkt, dass sie viel mehr verdienen können, wenn sie ihr Papier an die großen Online-Händler verkaufen." Diese machten daraus Versandkartons für den Handel.
Umsatzrückgang im stationären Buchhandel
"Krisen gab es schon immer, das ist richtig, aber diesmal ist es sehr, sehr existenziell. Viele Kollegenbetriebe von uns werden es nicht schaffen, die haben nicht die liquiden Mittel, durchzuhalten", sagt Stavenow.
Noch gibt es keine deutlich zunehmende Zahl an Insolvenzen, doch die Prognosen zeigen, dass die Branche zunehmend in Schwierigkeiten kommt: Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres ist der Umsatz im stationären Buchhandel um fast neun Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurückgegangen.
Laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels rechnen die Händler mit acht Prozent mehr Personalkosten, 300 Prozent mehr Energiekosten und 20 Prozent teureren Verbrauchsmaterialien für 2022.
Schmidt-Friderichs: Vielfalt der Literatur bedroht
Auf der Frankfurter Buchmesse ist die wirtschaftliche Situation der Verlage und des Handels ein großes Thema. Und sie bedrohe, so Gastgeberin Karin Schmidt-Friderichs als Vorstehende des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die Vielfalt der Literatur und damit auch literarischer und politischer Standpunkte:
Ich bin mir nicht sicher, ob dieses Buchhandlungsnetz, das wir in Deutschland haben, nach dieser Krise noch so dicht ist, wie wir es gerne hätten.
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin Börsenverein des Deutschen Buchhandels
Der Börsenverein fordert daher wirtschaftliche Unterstützung von der Politik. Und auch da müssen sich Verlagswesen und Buchhandel einem Konkurrenzkampf aussetzen: Mit anderen Branchen, aus denen der Ruf nach Subventionen laut und vielleicht noch eindringlicher schallt.
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