In der Debatte um eine mögliche Legalisierung ist immer wieder von verunreinigtem Cannabis die Rede. Wir groß ist das Problem? Und kann man es überhaupt bekämpfen?
Auch wenn sich die Ampel-Parteien in ihrem gemeinsamen Papier vom Freitag nicht dazu äußern: Mit einer möglichen Koalition aus SPD, Grünen und FDP wirkt eine Legalisierung von Cannabis so realistisch wie seit Langem nicht.
Mit einer Legalisierung, so hoffen Befürworter*innen, könnte auch dem Problem von verunreinigtem Gras begegnet werden. Doch wie groß ist das Problem tatsächlich?
Wie verbreitet ist gestrecktes Cannabis?
Bundesweit konkret beziffern lässt sich das Problem des gestreckten Cannabis nicht. "Dem BKA liegen keine Informationen dazu vor, wie häufig Cannabisprodukte, die in Deutschland sichergestellt wurden, verunreinigt waren", heißt es vom Bundeskriminalamt.
Suchtmediziner Eugen Davids ist Ärztlicher Direktor der Evangelischen Stiftung Tannenhof, einer Klinik für Psychatrie in Remscheid. Verunreinigungen seien ein grundsätzliches Problem bei allen Drogen, daher kämen sie natürlich auch bei Cannabis vor, erklärt er ZDFheute. Seiner Erfahrung nach ist das Problem aber ein relativ seltenes.
Auch Bernd Werse, Soziologe und Gründer des Frankfurter Centre for Drug Research, spricht von einem "Phänomen, das von vielen für relevanter gehalten wird, als es tatsächlich der Fall ist."
Womit wird Cannabis gestreckt?
Alleine der Deutsche Hanfverband, der sich als Interessensvereinigung für eine Legalisierung von Cannabis einsetzt, zählt auf seiner Website mehr als ein Dutzend Streckmittel auf. Dazu zählen unter anderem Sand, Zucker, Haarspray, Glas, Gewürze, in wenigen Einzelfällen sogar Blei.
Und was ist mit Berichten von Cannabis, das mit Heroin gestreckt wird? Zuletzt sprach SPD-Gesundheitsmediziner Karl Lauterbach davon. "Uns ist noch kein Bericht von mit Heroin gestrecktem Cannabis untergekommen - ich kann die Aussage von Herrn Lauterbach also nicht verifizieren", sagt Suchtmediziner Davids. Ähnlich äußert sich das BKA:
Was steckt hinter synthetischen Cannabinoiden?
In den vergangenen Jahren seien vermehrt Cannabisprodukte auf dem deutschen Markt festgestellt worden, die mit synthetischen Cannabinoiden behandelt wurden, teilt das Bundeskriminalamt auf Anfrage von ZDFheute mit.
Dieses Phänomen beobachtet auch Volker Auwärter, Laborleiter der Forensischen Toxikologie an der Uniklinik Freiburg, zunehmend. "Meine Erfahrung - auch im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen - ist: Wenn uns Proben von größeren Mengen sichergestellten Cannabis' geschickt werden, sind gefühlt zwischen zehn und 20 Prozent des Materials momentan mit synthetischen Cannabinoiden behandelt", erklärt er ZDFheute. Andere Streckmittel hält er für eher irrelevant.
Lange seien synthetischen Cannabinoide als solche beim Verkauf etwa sogenannter Kräutermischungen gekennzeichnet worden, erklärt Bernd Werse. Seit etwa zwei Jahren gäbe es aber ein neues Phänomen:
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Welche Gefahren birgt verunreinigtes Cannabis?
Als großes Problem der synthetischen Cannabinoide sieht Werse die Gefahr einer schwerwiegenden Überdosierung mit körperlichen Ausfallerscheinungen, die es bei reinem Cannabis so nicht gebe. Zudem greifen die Stoffe das zentrale Nervensystem an, erklärt Toxikologe Auwärter.
Bei synthetischen Cannabinoiden gibt es auch Anzeichen dafür, dass sie ein größeres Abhängigkeitspotenzial haben. Doch auch andere Steckmittel sind nicht ungefährlich.
Für jüngere Konsumierende sei die Gefahr noch größer als für Erwachsene. "Bei Zwölf- bis 17-Jährigen sind die Organsysteme noch nicht komplett ausgereift - wenn man in diesem Alter Drogen oder Streckmittel aufnimmt, ist das Risiko deshalb entsprechend höher als bei einem ausgebildeten Organsystem", sagt Davids.
Wie vorgehen gegen verunreinigtes Cannabis?
Auf der einen Seite steht das Argument, dass eine Legalisierung den Schwarzmarkt bekämpfen könnte und ein staatlich kontrollierter Verkauf von Cannabis zu einem reineren Produkt führen würde.
Kritiker*innen sehen das anders. "Die Verunreinigung von Cannabis zu unterbinden ist kaum möglich", meint Eugen Davids. Es würde immer einen illegalen Markt geben, der Streckmittel möglich machen wird.
Vor allem das Phänomen der synthetischen Cannabinoide erfordere eine schnelle Reaktion, meint Volker Auwärter. Sein Vorschlag: Cannabis-Konsumierende sollen eine sichere Möglichkeit für Drug Checkings bekommen. So könnten sie schnell überprüfen lassen, ob das Produkt, das sie gerade erworben haben, besonders gefährlich ist.
- Was für und gegen die Legalisierung spricht
Eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP könnte eine Legalisierung von Cannabis vorantreiben. Was sind die Argumente der Befürworter? Und wie argumentiert die Gegenseite?