Die Corona-Infektionszahlen steigen und steigen - bereits Geimpften wird eine Booster-Impfung empfohlen. Für wen eignet sich diese, wann sollte sie erfolgen? Ein Überblick.
Wann ist der beste Zeitpunkt für eine "Booster"-Impfung? Gibt es Nebenwirkungen? Welcher Impfstoff sollte verwendet werden? Fragen an Prof. Dr. Leif Erik Sander, Leiter der Impfstoffforschung Charité Berlin.
Angesichts rasant steigender Corona-Fallzahlen fordern Experten schnellere Auffrischimpfungen. Aber welche Rolle spielen die Booster-Impfungen für den Impfschutz - und wer sollte sich wann boostern lassen? Diese und weitere Fragen beantwortete Leif Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe für Infektionsimmunologie und Impfstoff-Forschung der Berliner Charité, im ZDF-Morgenmagazin.
Wie kommt es zu der hohen Zahl an Impfdurchbrüchen?
Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Die hohe Zahl der Impfdurchbrüche überrascht auch Forscher. "Wir hatten uns erhofft, dass die Impfwirkung noch länger anhält", sagte Impf-Experte Leif Erik Sander im ZDF-Morgenmagazin. "Womit nicht zu rechnen war, ist die schnelle Dominanz dieser Delta-Variante, die einfach noch viel, viel ansteckender ist, auch der Impfwirkung etwas ausweicht. Und das dann zusammen mit einem etwas nachlassenden Impfschutz führt eben zu einer steigenden Zahl von Impfdurchbrüchen."
Sander betont dabei, dass die Impfstoffe weiterhin sehr gut die allermeisten Menschen vor schwerer Erkrankung schützen. "Und wir haben auch weiterhin die sehr hohen Inzidenzen vor allem unter den Ungeimpften."
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Wann braucht man diese Booster-Impfung?
Laut Impf-Experte Sander nimmt der Impfschutz kontinuierlich ab. "Wenn Sie zu Beginn des Jahres geimpft wurden, dann haben Sie jetzt ein höheres Risiko als ein Mensch, der im Sommer geimpft wurde." Man habe zu Beginn vor allem die Älteren und die Vulnerablen geimpft und deswegen "ist es für die jetzt wirklich sehr, sehr dringlich, die sogenannte Booster-Impfung, die Drittimpfung zu bekommen".
Wenn man eine Impfung vor über sechs Monaten bekommen haben sollte, dann sollte man sich jetzt auch sehr rasch um einen Booster-Termin kümmern, empfiehlt Sander.
Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Boostern - nach sechs Monaten oder früher?
Diese sechs Monate seien eine Orientierung, so Sander, aber nicht "dogmatisch zu handhaben". Man müsse das auch im Zusammenhang sehen mit Risiken: wie beispielweise Vorerkrankungen oder Arbeit in Berufsbereichen, in denen ein höheres Ansteckungsrisiko besteht - in dem Fall sei es sicher auch sinnvoll, diese Impfung auch schon etwas eher zu bekommen.
Eine Booster-Impfung schon nach fünf Monaten sei kein Nachteil. Das zeigten die Daten aus Israel. Aber dringlich sei sie eben bei denjenigen, deren Impfung noch länger zurückliegt und die noch älter sind.
Haben die Impfstoffe unterschiedliche Auswirkungen auf den Impfschutz?
Bei Menschen, die mit dem nur einmal verabreichten Impfstoff Johnson & Johnson geimpft worden seien, lässt der Impfschutz anscheinend recht schnell nach oder der Impfschutz war nicht ganz ausreichend gegen die Delta-Variante, sagte Sander. In diesen Fällen werde schon vier Wochen nach der Impfung eine Booster-Impfung empfohlen.
Auch bei den mRNA-Impfstoffen Moderna, Biontech und dann dem Vektor-Impfstoff von Astrazeneca gebe es Unterschiede: "Gerade die nur mit Astra Geimpften scheinen auch etwas schneller wieder Durchbruchsinfektionen zu bekommen." Auch dort sehe Sander eine etwas höhere Dringlichkeit einer Booster-Impfung. "Bei den zwei mRNA-Impfstoffen würde ich es ungefähr gleich bewerten."
Soll man sich mit dem gleichen Impfstoff boostern lassen?
"Empfohlen wird, die Impfung mit dem gleichen Impfstoff durchführen zu lassen", so Sander. Wichtig sei aber aus medizinischer Sicht, dass es sich dabei um einen mRNA-Impfstoff handeln sollte, also entweder um den Impfstoff Biontech oder Moderna. "Wenn der gleiche Impfstoff aber nicht zur Verfügung steht, ist es aus meiner Sicht kein Problem, einen anderen zu nehmen."
Sollten sich Genesene, die dann geimpft wurden, auch boostern lassen?
Dies könne man noch nicht abschließend beantworten, sagte Sander. Aus seiner Sicht sei dies aber nicht die dringlichste Gruppe, die geboostert werden müsste. Wenn man aber die Gelegenheit habe, sollte man den Impfschutz auch hier mit einer mRNA-Impfung auffrischen.
Gibt es bekannte Nebenwirkungen bei der Booster-Impfung?
Die Booster-Impfung sei sehr gut verträglich, dies zeigten Datensätze aus Israel, so Impf-Experte Sander. "Die Impfreaktionen, die man so unmittelbar um die Impfung herum bekommt, sind sehr vergleichbar mit denen, die die zweite Impfung verursacht." In einigen Fällen könne es zu Kopfschmerzen, Fieber oder Schüttelfrost kommen. "Aber die wirklichen Komplikationen, also mögliche Nebenwirkungen, scheinen sehr, sehr selten nach der Booster-Impfung aufzutreten."
Auch das Risiko einer Herzmuskelentzündung, das laut Sander minimal erhöht sei bei jungen Männern nach der zweiten Impfung, scheint nach der Dritt-Impfung auch kein Problem zu sein.
Brauchen wir nun jedes Jahr eine Booster-Impfung?
"Aktuell gehe ich davon aus, dass diese Booster-Impfung die dritte Impfung ist, die den Impfschutz komplettiert, die auch zu einem längerfristigen Schutz führt und uns jetzt erstmal sicher durch den Winter bringen kann." Ob im nächsten Jahr andere Virus-Varianten zirkulieren würden und wie sich dies dann mit dem Immunschutz verhalte, lasse sich aktuell nicht sagen, werde aber intensiv erforscht, so Sander.
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