Nach einer neuen Schätzung der WHO gibt es fast drei Mal so viele Todesfälle im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wie bisher offiziell erfasst. Indien kritisiert den Bericht.
Die Corona-Pandemie hat nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2020 und 2021 weltweit im Mittelwert 14,9 Millionen Menschen das Leben gekostet. Die Zahl umfasst sowohl verstorbene Corona-Infizierte als auch Menschen mit anderen Krankheiten oder Verletzungen, die wegen der Überlastung der Gesundheitssysteme nicht rechtzeitig behandelt werden konnten.
Unter den Corona-Infizierten lag die Zahl der registrierten Todesfälle Ende 2021 gemäß Meldungen der WHO-Mitgliedsländer bei 5,4 Millionen. Heute liegt sie bei etwas mehr als 6,2 Millionen.
Forscher kommen auf deutlich mehr Todesfälle als angenommen
Die UN-Organisation hatte Forscher damit beauftragt, die tatsächliche Zahl der Covid-19-Toten zwischen Januar 2020 und Ende 2021 zu errechnen. Sie schätzten, dass es zwischen 13,3 Millionen und 16,6 Millionen Todesfälle gab, die entweder direkt durch das Coronavirus verursacht wurden oder in einem Zusammenhang standen mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheitssysteme - etwa im Falle von Krebspatienten, die keine Behandlung erhalten konnten, als Krankenhäuser mit Corona-Patienten überfüllt waren.
Der Mittelwert von 14,9 Millionen ist fast das Dreifache der Todesfälle, die bisher offiziell erfasst und in einen direkten Zusammenhang mit dem Coronavirus gebracht wurden.
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WHO: Hohe Übersterblichkeit in weiten Teilen der Welt
Nach WHO-Angaben war die Übersterblichkeit am größten in Südostasien, Europa und Nord- und Südamerika - mit zusammen 84 Prozent aller Fälle. Übersterblichkeit heißt hier, wie viel mehr Menschen 2021 und 2022 im Vergleich zu Vorjahren ohne Pandemie gestorben sind. 68 Prozent der zusätzlichen Todesfälle ordnet die WHO zehn Ländern zu: Brasilien, Ägypten, Indien, Indonesien, Mexiko, Peru, Russland, Südafrika, der Türkei und den USA.
Gut 80 Prozent der zusätzlichen Todesfälle passierten in Ländern mit mittleren Einkommen. 57 Prozent der Verstorbenen waren Männer. In die WHO-Berechnung floss ein, dass durch die Pandemie auch Todesfälle verhindert wurden, etwa Unfälle im Straßenverkehr oder bei der Arbeit, weil vielerorts Ausgangssperren galten und Menschen von Zuhause arbeiteten. Die WHO hat auch länderspezifische Eigenheiten beachtet.
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Indien kritisiert WHO-Zahlen
Indien hatte die geplante WHO-Schätzung schon im Vorfeld kritisiert. Die Methodologie funktioniere bei einem Land wie Indien mit 1,3 Milliarden Einwohnern nicht. Die Webseite Devex und die "New York Times" berichteten, die Regierung in Neu-Delhi sei mit der hohen Toten-Schätzung der WHO nicht einverstanden.
Die Behörden nannten einen Tag vor der WHO-Veröffentlichung die Zahl von 475.000 zusätzlichen Todesfällen im Jahr 2020. Die WHO-Schätzung liegt fast doppelt so hoch. Indien erlebte die mit Abstand schlimmste Corona-Welle erst 2021. Bilder von Massenbegräbnissen gingen in dem Jahr um die Welt.