Impfungen mit Astrazeneca werden ausgesetzt. Weltärztepräsident Montgomery befürchtet dadurch einen Image-Schaden für das Vakzin, Politiker fordern Aufklärung vom Hersteller.
Frank Ulrich Montgomery, der Präsident des Weltärztebundes, hat den vorläufigen Stopp für Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin in Zweifel gezogen. Er befürchtet einen Image-Schaden für den Corona-Impfstoff:
- Deutschland setzt Astrazeneca-Impfungen aus
Auch Deutschland setzt jetzt die Impfung mit Astrazeneca aus. Dabei handele es sich um eine Vorsichtsmaßnahme. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach kritisiert die Entscheidung.
Montgomery: Akzeptanz gefährdet
Die internationalen Studien, die ihm bekannt seien, sagten, dass die Thrombose-Häufigkeit in der Placebo-Gruppe und in der Gruppe mit dem Impfstoff etwa gleich gewesen sei.
Eine grundsätzliche Überprüfung der Vorfälle begrüßte Montgomery allerdings. Die europäische Behörde EMA habe noch einmal bestätigt, dass Astrazeneca ein sicherer und effektiver Impfstoff gegen das Corona-Virus sei, sagte Montgomery. "Trotzdem ist es richtig, dass die nationalen Behörden die Verdachtsfälle auf schwere Nebenwirkungen prüfen."
"Impfstoffe müssen sicher und verträglich sein", erklärt PEI-Chef Cichutek im ZDF. "Wir müssen ausschließen, dass der Impfstoff schadet."
Spinner: Ereignisse "sehr selten" - Geimpfte oft vorerkrankt
Der Pandemiebeauftragte des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, Christoph Spinner, sagte, Sicherheit stehe zwar an oberster Stelle - das Aussetzen könne man aber zumindest hinterfragen. "Die Ereignisse sind sehr selten", sagte er mit Blick auf die Zahl der Vorfälle. Und: "Wir impfen derzeit prioritär Menschen mit Vorerkrankungen." Diese Patienten hätten teils von vornherein ein gesteigertes Thromboembolie-Risiko.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen nannte den vorläufigen Stopp sogar fahrlässig. Der Bundestagsabgeordnete sieht darin "die nächste Erschütterungswelle" für das Vertrauen in die Corona-Politik der Bundesregierung. "Eine Alternative wäre es, über das überschaubare Risiko ausführlich aufzuklären und weiterhin jene Menschen zu impfen, die eine Impfung mit Astrazeneca möchten."
Zeitplan der Bundesregierung in Gefahr?
Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) sieht durch den Astrazeneca-Impfstopp den Zeitplan der Bundesregierung in Gefahr. Die Maßnahme "würde das Impfergebnis um einen Monat rechnerisch nach hinten verschieben", sagte ZI-Chef Dominik von Stillfried dem "Handelsblatt". Alle Menschen über 60 wären somit erst Anfang Juli durchgeimpft.
Das ZI geht in dem Modell davon aus, dass die bislang zugelassenen Mittel von Johnson & Johnson, Moderna und Biontech/Pfizer in den zugesagten Mengen geliefert werden und die Hausärzte frühstmöglich impfen können.
Kassenärzte hoffen trotzdem auf Impfstart
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Frank Bergmann, sagte dazu gegenüber der Zeitung "Rheinische Post":
Erklärung von Astrazeneca gefordert
Angesichts des Impfstopps dringen Politiker auf eine Teilnahme des Astrazeneca-Vorstandschefs Pascal Soriot am Impfgipfel am Mittwoch. Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, sagte der Zeitung "Bild":
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel (CDU), erwartet von dem Impfstoffhersteller, "schnell Klarheit" zu schaffen. "Die Bürger warten auf ihre Impfungen."
Auch der Bundestagsabgeordnete und Hamburger CDU-Landesvorsitzende Christoph Ploß fordert Soriot auf, "beim Impfgipfel persönlich" zu erscheinen. "Von der Liefermenge bis hin zur Sicherheit des Impfstoffs: Es sind zahlreiche Fragen offen", sagt Ploß der "Bild".
- Wie die Forschung den Impfstopp begründet
In Deutschland und vielen anderen EU Ländern wurden die Impfungen mit Astrazeneca ausgesetzt. Klaus Cichutek, Chef des Paul-Ehrlich-Instituts, begründet die Empfehlung im ZDF.