Impfgegner behaupten, Biontech habe in seinem Geschäftsbericht selbst die Schutzwirkung und Sicherheit des eigenen Corona-Impfstoffs angezweifelt. Doch es ist ganz anders.
"Schwere Nebenwirkungen können auftreten! Biontech glaubt nicht mal selbst an die Impfung!" - ein Sharepic mit dieser Headline wird seit Tagen von Accounts der AfD in Sozialen Netzwerken geteilt, unter anderem vom offiziellen Twitter-Account der Bundespartei.
Bei Telegram teilte der Rechtspopulist Oliver Janich mehrfach Artikel mit seinen fast 160.000 Followern, die behaupteten, dass Biontech vor seinem eigenen Impfstoff warne. Ähnlich berichtete unter anderem der bei Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern beliebte Journalist Boris Reitschuster in seinem Blog.
Geschäftsbericht von Biontech lässt aufhorchen
Tatsächlich sind im Geschäftsbericht von Biontech für 2021, der Ende März der US-Börsenaufsicht vorgelegt wurde, Sätze enthalten, die aufhorchen lassen. Dort heißt es: "Es könnte sein, dass wir nicht in der Lage sind, eine ausreichende Wirksamkeit oder Sicherheit unseres Covid-19-Impfstoffs und/oder variantenspezifischer Präparate nachzuweisen, um eine dauerhafte behördliche Zulassung in den USA, in Großbritannien, in der Europäischen Union oder in anderen Ländern zu erhalten, in denen der Impfstoff eine Notzulassung oder eine bedingte Marktzulassung erhalten hat."
Weiter heißt es, es könnten "von Zeit zu Zeit schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten, die nicht in den klinischen Studien mit dem Produkt aufgetreten sind" und die am Ende sogar dazu führen könnten, "dass das Produkt vom Markt genommen wird."
Statt 36 Millionen Euro Schulden hat die Stadt Mainz mittlerweile einen Haushaltsüberschuss von über einer Milliarde Euro. Grund dafür sind die hohen Gewerbesteuern durch die Gewinne von Biontech.
Impfgegner stricken absurde Behauptung
Dass Impfgegner daraus die Behauptung stricken, Biontech glaube selbst nicht an sein Vakzin Comirnaty, ist absurd: Denn im selben, 700 Seiten starken Geschäftsbericht preist Biontech die "hohe Schutzwirkung gegen besorgniserregende Varianten, einschließlich Alpha, Beta und Delta". Neuere Studien hätten gezeigt, dass drei Dosen auch vor der Corona-Variante Omikron schützten, schreibt das Unternehmen.
Doch warum stehen dann überhaupt solche Sätze im Geschäftsbericht, die als Warnung vor dem eigenen Impfstoff missverstanden werden können? Die Passagen stehen im Abschnitt "Warnhinweis zu Vorhersagen der Geschäftsführung" ("Cautionary statement regarding forward-looking statements").
Solche juristischen Angaben sind von der Börsenaufsicht vorgeschrieben, um mögliche Schadenersatzklagen von Investoren zu vermeiden.
Stand der Wissenschaft: Wie wirksam und wie sicher ist Corminaty?
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Geschäftsbericht muss jedwedes Risiko benennen
Im Biontech-Bericht führt diese Vorschrift dazu, dass alle denkbaren Einflüsse auf den Unternehmensgewinn und die geschäftliche Entwicklung geschildert werden müssen. Damit sollen sich Investoren über sämtliche mögliche Risiken ein Bild machen können.
Zu den aufgeführten potenziellen Unwägbarkeiten gehört unter anderem auch die Konkurrenz durch andere Impfstoffe und deren Effizienz, Kosten, Transport- und Lagermöglichkeiten, Sicherheit, Nebenwirkungen und Beständigkeit der Immunantwort.
Derzeit gilt für den Biontech-Impfstoff Comirnaty in der Europäischen Union eine bedingte Marktzulassung. Diese wurde erstmals im Dezember 2020 erteilt und im November 2021 um ein weiteres Jahr verlängert. An die Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen werden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) dieselben Anforderungen gestellt wie an jeden anderen in der EU zugelassenen Impfstoff.
Bei einer bedingten Zulassung werden Daten bewertet, sobald sie verfügbar sind - und nicht erst, wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind. Nach einer anfänglichen Notfallzulassung in den USA hatte die Arzneimittelbehörde FDA dem Mittel bereits im August 2021 die vollständige Zulassung erteilt.
FAQ- So schnell können Sie sich neu anstecken
Schnelle Reinfektionen mit der Omikron-Variante des Coronavirus sind möglich - aber eher unwahrscheinlich. Virologen erklären bei ZDFheute, was Sie dazu wissen müssen.
von Oliver Klein und Mona Trebing