Voller Impfstatus erst mit drei Corona-Impfungen – das gilt jetzt in Israel. Auch in Deutschland steigt die Bedeutung von Booster-Impfungen. Bislang aber primär für Risikogruppen.
Seit Sonntag hat der Corona-Impfschutz in Israel ein offizielles Verfallsdatum. Dann ist die Regelung in Kraft getreten, wonach Impfnachweise nur noch dann gültig sind, wenn die Zweitimpfung weniger als sechs Monate zurück liegt.
Alle anderen müssen sich ein drittes Mal impfen lassen, um an einen der Grünen Pässe zu kommen. Darin wird verzeichnet, ob Menschen geimpft, genesen oder getestet sind. Ähnlich wie in Deutschland ist der Nachweis Bedingung, um Veranstaltungen, Restaurants oder Kitas aufsuchen zu dürfen.
Israel hat im Dezember 2020 mit seinen Corona-Impfungen begonnen, früher als Deutschland. Ist es wahrscheinlich, dass auch in Deutschland bald 2G- und 3G-Regeln an eine Booster-Impfung geknüpft werden?
Warum reicht die doppelte Impfung nicht für immer aus?
Allen Impf-Erfolgen zum Trotz verzeichnete Israel Anfang September die höchste Zahl an täglichen Neuinfektionen seit Pandemie-Beginn. Sogenannte Durchbruchsinfektionen, also Infektionen trotz vollständiger Impfung, bereiteten der Regierung Sorgen.
Infektiologe Dr. Christoph Spinner, Oberarzt am Klinikum rechts der Isar in München, erklärt:
Grund ist das Sinken der Antikörperkonzentration im Blut. Auf den Intensivstationen schlug sich dieser Inzidenz-Anstieg bislang weniger stark nieder. "Der Schutz vor sogenannten Durchbruchsinfektionen, (…) nimmt vergleichsweise schneller ab als die Schutzwirkung vor einem schweren Covid-19-Verlauf", erklärt Spinner gegenüber ZDFheute.
Schon seit Juli bietet Israel seiner Bevölkerung Booster-Impfungen an - die Nachfrage stieg in der zurückliegenden Woche deutlich. "Aktuelle Daten aus Israel zeigen eindeutig, dass etwa zehn Tage nach Verabreichung der Booster-Impfung ein mehr als elffacher Rückgang an Sars-CoV-2 Infektionen und ein etwa zehnfacher Rückgang von schweren Covid-19-Verläufen beobachtet werden kann", sagt Spinner.
Wann werden Booster-Impfungen in Deutschland relevant?
Die meisten Impfungen in Deutschland fanden zwischen April und Juli statt. Nähme man wie Israel sechs Monate als effektiven Impfschutz an, würde auch hier die Frage nach Booster-Impfungen stetig relevanter.
Auf diese Entwicklung hat auch die Ständige Impfkommission (Stiko) am Donnerstag reagiert. Sie sprach eine Empfehlung für Booster-Impfungen für mehrere Personengruppen aus: Menschen über 70 Jahre, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und das dortige Personal.
Aktuell ist Covid-19 in weiten Teilen eine "Pandemie der Ungeimpften". Zudem stellte das Robert-Koch-Institut diese Woche fest, dass eventuell mehr Menschen geimpft sein könnten, als aus den offiziellen Statistiken hervorgeht. Dennoch ist Experte Spinner besorgt, dass die Impfquote nicht ausreichen könnte:
Für wen sind Booster-Impfungen am wichtigsten?
Für Spinner ist die Auffrischungsimpfung darum vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sinnvoll. "Sie haben mit höherer Wahrscheinlichkeit eine reduzierte Impfwirkung und somit auch ein höheres Risiko eines schweren Verlaufs", so Spinner.
Der Rest der Bevölkerung könnte drumherum kommen:
Wie lange wird es mit Corona-Impfungen noch weitergehen?
Für die breite Bevölkerung könnte Corona nach dem Winter in eine neue Phase gehen. Dann könnte eine sogenannte endemische Situation erreicht sein, also genug Menschen Kontakt mit dem Erreger oder seinen Bestandteilen gehabt haben.
"Damit wird es eine breitere Immunität in der Bevölkerung geben" sagt Spinner. Für Menschen mit Immunschwäche werden Auffrischungen der Corona-Schutzimpfung aber notwendig bleiben.
Verzichtet Deutschland anders als Israel auf Booster-Impfungen der gesamten Bevölkerung, hätte das zwangsläufig Auswirkungen auf die Aussagekraft der Impfnachweise. Auch wenn die Impfung weiterhin zuverlässig schwere Verläufen verhindert, je länger sie zurückliegt, desto fraglicher wird der Infektionsschutz. Eventuell müssten neue Lösungen für 2G- und 3G-Regeln gefunden werden.
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