Dänemark zählt zu den Spitzenreitern bei den Neuinfektionen - auch wegen der Omikron-Variante. Experten glauben, für die Höchstwerte gebe es aber noch einen ganz anderen Grund.
Mit der hochansteckenden Omikron-Variante hat das Coronavirus den Forschern wieder einmal gezeigt, dass es ihnen um mindestens eine Nasenlänge voraus ist. In Aarhus versuchen Forscher deshalb anhand von Blutproben herauszufinden, warum Omikron auch Geimpfte anstecken kann.
Dazu sitzt Vagn Kristensen wieder einmal in der Uniklinik Aarhus und lässt sich für das Forschungsprojekt Blut abnehmen – zum siebten Mal seit Februar vergangenen Jahres. "Einige der geimpften Menschen sind nicht immun, obwohl sie geimpft sind. Zu verstehen, wer das ist, wo sie sind und was wir tun können, um ihre Immunität zu stärken, sind Dinge, die wir hier untersuchen", erklärt Jens Lundgren, Professor für Infektionskrankheiten am Rigshospitalet.
Den Forschern in Dänemark geht es derzeit vor allem um die Frage, wen man wo im Land gezielt mit einer Boosterimpfung schützen muss, denn Omikron hat sich in Dänemark explosionsartig ausgebreitet.
Dänemark sucht gezielt nach Virusvarianten
In der Tat haben die dänischen Behörden auch rund um die Feiertage den Überblick über die Omikron-Entwicklung nicht verloren - die Ergebnisse sämtlicher Tests, Daten zur Impfung und Auslastung der Krankenhäuser werden digital erhoben zentral gesammelt und stehen den Behörden auf Knopfdruck in Echtzeit zur Verfügung.
Omikron ist auch in Dänemark dominant
Der Anteil der Omikron-Variante liegt bei über 80 Prozent - Dänemark verfügt über genaue Zahlen, während andere Länder noch auf belastbare Daten warten.
Die Inzidenz liegt auf Höchstniveau, gleichzeitig gibt sich die nationale Gesundheitsbehörde verhalten optimistisch: Im ZDF-Interview sagte Prof. Tyra Grove Krause vom Statens Serum Institut in Kopenhagen:
Deutschland, so Prof. Tyra Krause, sei ihrer Einschätzung nach schon fast gleichauf mit Dänemark, ganz Europa erlebe gerade einen markanten Anstieg der Infektionskurve, weil Omikron im größten Teil Europas bereits dominiere.
In Deutschland werden Maßnahmen langwierig diskutiert
Vermutungen sind das, belegt ist diese These noch nicht - trotzdem wird Dänemark zum Labor, wie man trotz hoher Infektionszahlen die kritische Infrastruktur des Landes am Laufen hält:
- keine strikten Kontaktbeschränkungen
- seit Mittwoch gehen auch die Kinder wieder in die Schule,
- Quarantänebestimmungen wurden bereits zentral gelockert.
Im föderal strukturierten Deutschland wird darüber noch diskutiert.
Wie viele Infektionen hält Dänemark aus?
"Die Regierung versucht herauszufinden, wie viele Infektionen die Gesellschaft ertragen kann, ohne das Gesundheitssystem zu überlasten - das führt natürlich zu Diskussionen in der Bevölkerung, ob wir mehr Maßnahmen brauchen oder gar keine, weil es in der Natur der Sache liegt, dass wir uns alle irgendwann anstecken", sagt der Politologe und Politikberater Prof. Michael Bang Petersen von der Uni Aarhus.
Dänemark gehörte schon im Dezember 2021 zu Europas Corona-Hotspots. Auch wegen der Omikron-Variante.
Dänemark sieht sich gerüstet für dieses Experiment: Etwa 80 Prozent der über 12-jährigen sind doppelt geimpft - und das Impftempo bleibt hoch, sogar in den Apotheken kann man sich die Spritze gegen Corona verabreichen lassen.
Die königliche Garde war in Isolation
Ob die Impfung aber tatsächlich bei allen Personen den gewünschten Schutz herstellt, ermitteln sie gerade in dem Forschungsprojekt, für das sich etwa 1.000 Geimpfte regelmäßig untersuchen lassen.
Bis diese Fragen geklärt sind, geht die Regierung in Kopenhagen in einem Bereich auf Nummer sicher: Damit die königliche Garde weiterhin den Schutz von Königshaus und Regierungsbezirk gewährleisten kann, wurden die Rekruten über den Jahreswechsel in den Kasernen in Isolation gehalten, um das Virus nicht von etwaigen Parties in diesen Bereich der sensiblen Infrastruktur einzuschleppen.
Henner Hebestreit ist Korrespondent im ZDF-Landesstudio Kiel und berichtet regelmäßig aus Skandinavien.
- Ist die Impfpflicht ein Weg aus der Pandemie?
Die Corona-Impfung trägt maßgeblich zur Eindämmung der Pandemie bei. Könnte eine Impfpflicht das Virus sogar ausrotten? Ein Überblick.