Die Corona-Lage in Deutschland entspannt sich - dennoch warnen Virologen: Denn auch hier breitet sich die hochansteckende Delta-Variante aus.
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Gerade fühlt sich das Leben in Deutschland schon fast wieder normal an, doch die Delta-Variante stört die sommerliche Euphorie. Die ansteckendere Variante gewinnt auch hierzulande an Bedeutung, eine mögliche vierte Welle wird dadurch wahrscheinlicher.
Nach einer Analyse des Robert Koch-Instituts (RKI) für die erste Juniwoche hat sich der Anteil der Delta-Variante (B.1.617.2) in Deutschland innerhalb von nur einer Woche auf sechs Prozent fast verdoppelt. Das RKI geht davon aus, dass Infektionen mit der Delta-Variante zu schwereren Krankheitsverläufen führen könnten.
Gleichzeitig entspannt sich die Corona-Lage weiter. Die Zahl der Coronapatienten auf Intensivstation fiel am Wochenende erstmals seit Oktober unter 1.000, das RKI gab die Sieben-Tage-Inzidenz am Sonntag mit 8,8 an (Vortag: 9,3; Vorwoche: 17,3; Vormonat: 68,0).
Mittlerweile reißt keine Stadt und kein Landkreis mehr die Inzidenzmarke von 50. Die Sorge ist, dass die Zahlen wieder steigen könnten, wenn die ansteckendere Delta-Variante dominierend wird.
Delta-Variante dominiert in mehreren Ländern
In Großbritannien und anderen Ländern grassiert Delta bereits heftiger. Die portugiesische Hauptstadt Lissabon wurde wegen der Mutante am Wochenende abgeriegelt. In Russlands Hauptstadt Moskau wurde ein Rekordwert bei den Neuinfektionen verzeichnet. Bürgermeister Sergej Sobjanin zufolge sind fast 90 Prozent der Covid-Erkrankungen auf Delta zurückzuführen.
Moskau kämpft - wie ganz Russland - weiter mit einer großen Impfskepsis in der Bevölkerung. Die Situation jetzt in Deutschland sei mit der in England im Mai durchaus ein wenig vergleichbar, sagte Drosten.
In Großbritannien hatte die Delta-Variante innerhalb weniger Wochen trotz fortgeschrittener Impfquoten deutlich die Vorherrschaft im Infektionsgeschehen übernommen. Die Sieben-Tage-Inzidenzen stiegen wieder - von 20 auf zuletzt rund 80. Lockerungen wurden deshalb gestoppt.
Delta-Variante in Deutschland ab Juli dominant?
Angesteckt hätten sich dabei vor allem junge Erwachsene, sagte Drosten. Die Infektionen hätten sich in England vorwiegend in den Impflücken abgespielt.
"Wenn wir jetzt so rechnen würden, wie sich das in England entwickelt hat, also mit einer ungefähren Verdoppelung pro Woche, dann hätten wir dieses spekulative Szenario: Dann lägen wir in dieser Woche schon bei 20 Prozent", sagte Drosten. Anfang Juli würde die Delta-Variante dann auch in Deutschland dominieren.
"Und wir müssten damit rechnen, dass Anfang Juli in Deutschland auch die Meldezahlen wieder hochgehen", folgerte der Wissenschaftler. Das sei aber noch reine Spekulation und eine Hypothese. Deutschland habe noch Chancen, wenn es die Inzidenz in den nächsten Wochen weiter senken könne. "Was auch helfen könnte, sind die Schulferien. In England ging es in den Schulen los. Das ist ein deutlicher Unterschied."