Erst Anfang des Monats zogen Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen durch die Hauptstadt. Jetzt sind sie erneut auf der Straße - obwohl einzelne Demos verboten wurden.
Trotz des Verbots einiger Veranstaltungen haben sich am Samstag in Berlin nach Polizeiangaben einige Tausend Demonstranten aus Protest gegen die Corona-Politik versammelt. Dabei kam es zu mehr als 50 vorläufigen Festnahmen. Die Polizei begleitete die einzelnen Züge und zog dabei nach eigenen Angaben immer wieder Rädelsführer aus den Gruppen. Es gab einige Angriffe auf Einsatzkräfte, zunächst wurde ein Polizist verletzt.
Nach mehreren Verboten für einzelne Versammlungen lief ein großer Teil nach Beobachtung von Reportern der Nachrichtenagentur dpa zu Beginn eher ziellos durch die Straßen. Zunächst zogen einzelne Gruppen durch den Stadtteil Friedrichshain. Die Menschen waren in der weit überwiegenden Mehrheit ohne Masken oder andere Schutzmaßnahmen unterwegs.
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Kaum Abstand beim "Zug der Liebe"
Im benachbarten Stadtteil Prenzlauer Berg versuchten die Protestler dann immer wieder zu einem "Zug der Liebe" dazuzustoßen. Die Polizei verhinderte dies mit Absperrungen. Polizeihubschrauber waren zur Beobachtung der unübersichtlichen Szenerie eingesetzt, weite Teile des Regierungsviertels abgesperrt.
Die Polizei sprach von rund 4.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern beim "Zug der Liebe". Diese zogen zu House- und Technomusik tanzend durch Berlin. Die Veranstalter hatten mit etwa 10.000 Menschen gerechnet. Auf den Transparenten stand etwa "Fight Sexism", "Bass statt Hass" oder auch "Querdenken versenken". Das Motto der Demonstration lautete "Wir für euch"
Die Veranstalter forderten die Teilnehmer mehrfach auf, die notwendigen Corona-Maßnahmen einzuhalten. Zwischen den einzelnen Wagen der Demo hielten die Feiernden kaum Abstand, nur eine Minderheit trug Masken, viele davon unter der Nase oder am Kinn.
Vier Eilanträge gegen Demo-Verbote
Die Polizei hatte sich trotz zahlreicher Demonstrationsverbote auf größere Einsätze eingestellt. Rund 2.000 Kräfte standen nach eigenen Angaben bereit, darunter ist auch Unterstützung aus Baden-Württemberg, Niedersachsen, Bayern und Sachsen.
Neun Demonstrationen waren von der Polizei verboten worden, darunter Kundgebungen der "Initiative Querdenken" auf der Straße des 17. Juni.
Drei Eilanträge gegen die Verbote wies das Verwaltungsgericht zurück, einem gaben sie statt: Eine für Samstag und Sonntag angemeldete Versammlung mit je 500 erwarteten Teilnehmern darf stattfinden. Auf diese Veranstaltung wurde über das soziale Netzwerk Telegram hingewiesen.
Berliner Proteste im August 2020 in Erinnerung
Die Polizei geht davon aus, dass viele Menschen den Demonstrationsverboten nicht folgen werden. Deshalb werde man "die Versammlungsverbote durchsetzen, entsprechend präsent sein und insbesondere das Regierungsviertel schützen", hieß es vor den Demos.
Die Sicherheitsbehörden sind auch deshalb besonders aufmerksam, weil vor einem Jahr, am 29. August 2020, Zehntausende in Berlin gegen die Corona-Einschränkungen protestiert hatten.
Dabei hatten Demonstranten eine Absperrung am Reichstagsgebäude durchbrochen, die zahlenmäßig weit unterlegenen Wachkräfte bedrängt und für einige Zeit eine Treppe vor einem Eingang besetzt. Die Bilder davon lösten breite Empörung aus und sorgten auch international für Aufsehen.
Aufruf über Internet und Messengerdienste
Seitdem geht der Zulauf zu derartigen Demonstrationen zwar stark zurück. Aktuell wurde über das Internet und Messengerdienste aber trotz der Verbote weiter zu Massenprotesten an diesem Wochenende aufgerufen.
In Telegram-Kanälen mit Tausenden Abonnenten verbreiteten Unterstützer Informationen zur Anreise und zum Verhalten bei Polizeikontrollen. Außerdem waren Tipps zu lesen, wie man sich in Berlin am besten bewegt, über welche Apps sich Demonstranten zusammenfinden und dass Corona-Schutzmasken kurzzeitig auch zur Tarnung getragen werden könnten.
Zuletzt waren am 1. August trotz Verboten einige tausend Demonstranten durch die Hauptstadt gezogen und hatten sich teils Rangeleien mit der Polizei geliefert.