Stress, Homeoffice, Einsamkeit - zwei Jahre Pandemie machen sich bei vielen Menschen auch auf der Waage bemerkbar. Ernährungsberater und Ernährungspsychologen geben Tipps.
Wenn die Corona-Kilos einfach nicht mehr verschwinden wollen, setzen einige Menschen auf Ernährungsberaterinnen wie Urte Brink aus Bergisch-Gladbach. "Mal sind es zwei, mal 15 Kilo. Es ist insgesamt einiges an Gewicht hinzugekommen", sagt Brink, Mitglied im Berufsverband Oecotrophologie.
Doch das sei vermutlich nur die Spitze des Eisbergs: "Viele haben sich dem Thema noch nicht gewidmet, die große Welle kommt erst noch", ist sie überzeugt.
Studien: 40 Prozent der Deutschen nehmen zu
Wie viele Kilos Menschen in Deutschland tatsächlich angesammelt haben, könnte eine aktualisierte Studie zeigen, die das Robert-Koch-Institut laut einer Sprecherin voraussichtlich im März veröffentlichen will.
Eine Untersuchung im "Journal of Health Monitoring" aus dem ersten Pandemiejahr deutete bereits auf einen Trend zu mehr Gewicht hin:
- 23.000 Befragte ab 15 Jahren (bundesweit) nahmen zwischen April 2019 und September 2020 im Schnitt 1,1 Kilogramm zu.
Eine Online-Befragung der Technischen Universität München vom April 2021 ergab:
- Rund 40 Prozent der Teilnehmer haben seit Pandemie-Beginn an Gewicht zugelegt.
- Im Durchschnitt waren es 5,6 Kilogramm.
Pandemie als fundamentale Krise
Dass Menschen derzeit zunehmen, ist aus Sicht des Ernährungspsychologen Christoph Klotter von der Hochschule Fulda verständlich. Die Corona-Pandemie sei eine fundamentale Krise und stelle im Unterbewusstsein eine ständige Bedrohung dar.
Besonders schwierig für viele: die pandemiebedingte Arbeit zu Hause. Zwar fallen nun die Kuchenrunden mit den Kollegen weg, aber auch der Weg zur Arbeit und damit häufig Bewegung im Alltag. Dafür nun immer in der Nähe: Kühlschrank, Herd und Essensvorräte. Da wird schneller mal gesnackt oder zur Schokolade gegriffen.
Zuckerkonsum - Tipps für den Alltag
-
-
-
-
Essen als Emotionsmanager
Für manche Menschen sei das Essen der Emotionsmanager. Das limbische System, eine der ältesten Hirnregionen, verlange bedingungslos nach Belohnungen. Und in der Überflussgesellschaft sei das Essen die einfachste Form der Belohnung.
Es gebe allerdings auch Menschen, denen in Krisensituationen der Appetit vergehe, so Klotter. Letztere belohnten sich anders oder seien in einem permanenten Stressmodus. "Einige vergessen das Essen", so Klotter.
Beraterin Brink hat allerdings auch beobachtet, dass manche Menschen nun viel mehr Möglichkeiten haben, sich mit dem Abnehmen zu beschäftigen: "Menschen in Kurzarbeit zum Beispiel haben mehr Zeit, rauszugehen und Freude an der Bewegung zu finden oder auch am bewussten Kochen".
Zusätzliche Pfunde nicht verurteilen
Sich für zusätzliche Kilos nicht zu verurteilen oder zu entwerten ist aus Sicht Klotters wichtig:
Betroffenen rät er, sich zu sagen: "Ja, das ist im Augenblick so und hoffentlich gehts auch bald vorbei" und zu schauen, wie sie ihre Gefühle anders regulieren können. "Ich empfehle, schon an den Wochenenden zu sehen, wie ich mich in der kommenden Woche belohnen kann. Was beruhigt meine Nerven, wenn es nicht das Essen sein soll?", so der Psychologe.
Tipps: Entspannung und Tagebuch schreiben
Für manche Menschen sei der tägliche Spaziergang Belohnung, für andere ein Entspannungstraining oder einfach nur das entspannte Hören von Musik. Hilfreich sei es auch, Tagebuch zu führen und das Essverhalten zu dokumentieren und zu reflektieren: "In welchen Situationen gehe ich zum Kühlschrank?"
Das Thema Übergewicht sei auch nicht völlig neu. In Deutschland seien auch vor der Pandemie schon viele Menschen übergewichtig gewesen. "Die Problematik wird uns auch nach der Pandemie weiter beschäftigen", so Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.
- Negativrekord: Deutsche sitzen 8,5 Stunden
Die Deutschen verbringen zu viel Zeit im Sitzen, werden immer träger und können Stress nicht ausreichend bewältigen. Zu diesem Ergebnis kommt der neue DKV-Report. Ein Überblick.