Die Corona-Lage unterscheidet sich je nach EU-Land. Was machen Länder mit hoher Impfquote? Und wie wollen andere Staaten die Quote erhöhen? Fünf Beispiele.
Skandinavien und Südeuropa gelten aktuell als Muster-Länder wenn es um die Impfquote in der EU geht. In Osteuropa ist das Gegenteil der Fall - entsprechend steigen dort derzeit die Corona-Neuinfektionen.
Wie versuchen die Länder die Impfquote zu erhöhen? Und welche Maßnahmen werden in der EU noch im Kampf gegen das Coronavirus getroffen? Ein Blick nach Dänemark, Italien, Österreich, Lettland und Rumänien.
Dänemark: 76 Prozent vollständig geimpft, Inzidenz 95,2
Schon am 10. September sind alle innerhalb Dänemarks geltenden Corona-Beschränkungen aufgehoben worden. Eine Maskenpflicht gab es schon davor länger nicht mehr. Im öffentlichen Leben gibt es keine grundsätzlichen Einschränkungen mehr – wobei private Unternehmen und Veranstalter selbst bestimmen dürfen, ob und welche Corona-Regeln bei ihnen gelten.
Das Land verzeichnet seit Wochen eine steigende Inzidenz, aktuell liegt sie bei 95,2. Dafür ist die Impfquote in dem skandinavischen Land sehr hoch.
- Experte: Staats-Vertrauen am wichtigsten
Deutschland diskutiert 2G, in Dänemark ist schon wieder alles wie vor Corona – dank hoher Impfquote. Die resultiere "aus viel Vertrauen in die Behörden", sagt Experte Petersen.
Dänemark war eines der ersten Länder, das einen Corona-Pass verwendete, um den Impfstatus der Bevölkerung abzufragen. Die Kontrolle des Passes wurde aber sehr früh wieder abgeschafft, weil man da auf den mündigen Bürger setzte.
"Grundsätzlich setzt man in Nordeuropa mehr auf Empfehlungen und betont die Freiheit jedes Einzelnen, so zu handeln, wie er/sie es für vernünftig hält", sagt ZDF-Korrespondentin Heike Kruse.
Italien: 70 Prozent vollständig geimpft, Inzidenz 31,2
Seit Mitte Oktober müssen in Italien alle Beschäftigten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Bereich belegen, dass sie geimpft, genesen oder negativ getestet sind. Nur dann dürfen sie mit einem sogenannten "Grünen Pass" ihre Arbeitsstätte - etwa in Büros, Fabriken, Geschäften, öffentlichen Einrichtungen oder im Dienstleistungsgewerbe - betreten.
Rund 23 Millionen Beschäftigte sind von dem Gesetzesdekret betroffen. Wer keinen Pass hat, muss daheim bleiben und bekommt in Abwesenheit kein Gehalt mehr. Auch wenn es landesweite Proteste gab: "Die meisten Menschen in Italien stimmen dem Staat in Sachen 'Green Pass' zu“, sagt ZDF-Korrespondentin Annette Hilsenbeck.
In Italien schwächt sich die Corona-Pandemie weiter ab, das Infektionsgeschehen ist niedrig. Das Land verzeichnet seit Wochen niedrige Inzidenzen. Aktuell liegt der Sieben-Tage-Inzidenzwert landesweit bei durchschnittlich 31,2 Fällen je 100.000 Einwohnern (Stand 21. Oktober 2021)
In Italien gelten ab heute die europaweit strengsten Corona-Regeln. Wer zur Arbeit gehen will, muss eine Impfung nachweisen, genesen oder negativ getestet sein. Beschäftige, die keinen grünen Pass haben, müssen zu Hause bleiben, ohne Lohnausgleich.
Österreich: 61 Prozent vollständig geimpft, Inzidenz 196,6
In Österreich steigt derzeit die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen. Die Inzidenz beträgt in dem Land aktuell 196,6 (Stand 21. Oktober 2021). Bei der Impfquote liegt das Land EU-weit nur im Mittelfeld.
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie gilt in Österreich vom 1. November an die 3G-Regel an jedem Arbeitsplatz mit direktem Kontakt zu Kunden oder Kollegen. Ab diesem Zeitpunkt müssten alle Betroffenen nachweisen, dass sie vollständig gegen Corona geimpft oder negativ auf das Virus getestet wurden oder von einer Covid-19-Erkrankung genesen sind.
Allerdings soll bis zum 14. November eine Übergangsfrist bestehen. Arbeitnehmer ohne 3G-Nachweis müssten bis dahin eine FFP2-Maske tragen. Angestellte in Supermärkten sind den neuen Regeln zufolge ab dem 1. November bei einem 3G-Nachweis von der Maskenpflicht befreit. Supermarktkunden wie auch Mitarbeiter in Krankenhäusern und Heimen müssen hingegen unabhängig von einem 3G-Nachweis dort weiter eine Maske tragen.
Lettland: 51 Prozent vollständig geimpft, Inzidenz 806,7
Angesichts rapide steigender Corona-Infektionszahlen fährt die Regierung in Lettland das öffentliche Leben in dem baltischen EU-Land für vier Wochen stark zurück. Das Kabinett verhängte am Mittwoch umfassende Beschränkungen und eine nächtliche Ausgangssperre zum 15. November.
Um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen, dürfen seit dem 21. Oktober nur Geschäfte für den täglichen Bedarf offen bleiben. Auch Freizeit-, Kultur-, Unterhaltungs- und Sportstätten bleiben zu, gastronomische Betriebe dürfen nur noch außer Haus verkaufen. Veranstaltungen und Versammlungen sind untersagt. Für die meisten Arbeitnehmer gilt eine Homeoffice-Pflicht, der Schulbetrieb wird auf Fernunterricht umgestellt. In Lettland hat sich die Corona-Lage trotz neuer Beschränkungen zuletzt zugespitzt. Aktuell beträgt die 7-Tage-Inzidenz 806,7 (Stand 21. Oktober 2021) - ein Höchststand seit Beginn der Pandemie.
In Lettland ist nur etwas mehr als die Hälfte der 1,9 Millionen Einwohner vollständig gegen Corona geimpft. Vor allem die russische Minderheit im Land ist wenig impfbereit. "Was daran liegt, dass die Leute ziemlich unter sich leben und damit kaum erreichbar sind für die Impfwerbung der Regierung, und wenn, dann sind sie offenbar schwierig zu überzeugen", sagt ZDF-Korrespondentin Natalie Steger. Im Internet gebe es zudem Verschwörungstheorien und Gerüchte.
Die Regierung bemüht sich seit Monaten mit nur mäßigem Erfolg, die geringe Impfbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen. So gilt im Öffentlichen Dienst und für bestimmte Berufsgruppen eine Corona-Impfpflicht. Zudem hat die lettische Regierung eine mögliche Impfpflicht für alle Menschen über 50 Jahren ins Spiel gebracht.
Rumänien: 30 Prozent vollständig geimpft, Inzidenz 543,3
In Rumänien verschärft sich die Corona-Notlage, weil das Gesundheitswesen kaum noch mit der Versorgung einer steil anwachsenden Zahl von Patienten fertig wird. Am Mittwoch sei die Sterberate durch das Coronavirus weltweit am höchsten gewesen: 19,01 pro eine Million Einwohner, errechnete das Portal "ourworldindata".
Die 7-Tage-Inzidenz von 543,3 gehört EU-weit zu den höchsten. Seit dem Sommer steigt sie kontinuierlich. Das liegt auch an der niedrigen Impfquote im Land.
"Als Gründe gelten Misstrauen der Bevölkerung in staatliche Institutionen, Desinformation in sozialen Medien, von Politikern aber auch durch die rumänisch-orthodoxe Kirche und schwache Aufklärung über die Impfung in ländlichen Regionen", erklärt ZDF-Korrespondent Wolf-Christian Ulrich.
Rumänien gehört beim Impfen zu den Schlusslichtern in der Europäischen Union. Folge: Die Infektionszahlen steigen mit meist schweren Verläufen. Die Kliniken sind völlig überlastet.
Die amtierende Regierung hatte erst spät reagiert und neue Corona-Maßnahmen für besonders betroffene Landkreise beschlossen: Dort dürfen ab kommender Woche nur noch vollständig geimpfte Personen nachts unterwegs sein, zudem soll ein sogenannter "grüner" Impfausweis für die meisten Tätigkeiten obligatorisch werden.
Die Maskenpflicht wird ausgeweitet und soll überall im öffentlichen Raum verpflichtend werden, selbst auf der Straße. Präsident Klaus Iohannis hat nun verfügt, dass dies ab Montag ausnahmslos im ganzen Land gilt und außerdem die Schulen für zwei Wochen geschlossen bleiben. Das Problem ist: Bisher wurden die Corona-Maßnahmen von den rumänischen Behörden nur lückenhaft durchgesetzt.
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